Tausende moldawische Bürger demonstrieren ständig auf dem Stefan-Cel-Mare-Platz der Hauptstadt Chisinau. Die Polizei geht brutal gegen die Proteste vor. Die Menschen in Moldawien wollen nur eins: Dass die korrupte Oligarchen-Regierung des Staates zurücktritt. Jetzt wäre, wie einst auf dem Kiewer Maidan, die Stunde des reisenden Herrn Steinmeier: Der hatte damals, gemeinsam mit diversen anderen EU-Außenministern und gestützt auf die USA, den Demonstrierenden zum Sieg verholfen. Doch von Steinmeier und seinen Gehilfen bisher kein Ton. Vielleicht weil diesmal ein bewaffneter Rechter Sektor fehlt.

Dabei gäbe es im Fall Moldawien gute Gründe für die Ablösung der Regierung, die von der Bürgerinitiative „Würde und Wahrheit“ schon seit dem Frühjahr des letzten Jahres gefordert wird – von deutschen Medien aber kaum bemerkt. Denn die aktuelle Herrschaft verletzt eindeutig die Moldawische Verfassung, in der die Neutralität des Landes festgeschrieben ist: „Article 11, The Republic of Moldova as a Neutral State, (1) The Republic of Moldova proclaims her permanent neutrality.“ Doch schon im im November 2013 unterzeichnete Moldawien im Rahmen der Östlichen Partnerschaft ein Assoziierungsabkommen mit der EU. Und wie sogar die sattsam bekannten Milchmädchen wissen: EU und NATO sind das Duo Infernale. Von Neutralität keine Spur: Im Juli des letztem Jahres haben die NATO-Staaten USA, Rumänien und Polen gemeinsam mit moldawischen und georgischen Truppen ein schönes Militärmanöver vor der ukrainischen Grenze gestartet und sich so, völlig neutral versteht sich, in die inneren Angelegenheiten Moldawiens und die äußeren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt.

Doch wird nicht nur die Verfassung in Moldawien gebrochen, die Protestierenden beschuldigen die Regierenden auch der gewöhnlichen Kriminalität: Insgesamt 1,3 Milliarden Dollar sind in der Regierungszeit der pro-europäischen Oligarchen „verschwunden“. Auch deshalb skandieren die Protestierenden „Wir wollen unser Land zurück“. Denn bei einem Brutto-Inlandsprodukt von etwa sechs Milliarden sind die geklauten 1,3 Milliarden tatsächlich so viel Geld, wie wenn das ganze Land gestohlen worden wäre. Doch die deutsche Regierung schweigt. Obwohl die proeuropäischen Parteien bei den moldawischen Kommunalwahlen im letzten Jahr eine schwere Niederlage haben einstecken müssen, wird der Wille der Bevölkerung schlicht nicht wahrgenommen: Er steht der EU und der NATO einfach im Wege. Deshalb ist mit Steinmeier auf dem Stefan-Cel-Mare-Platz nicht so schnell zu rechnen. Außer er müsste die pro-europäische Regierung retten: Vor der Bevölkerung Moldawiens.

Das sieht mit der immer einsatzbereiten Ursula von der Leyen anders aus. "Wir brauchen einen dauerhaften, spürbaren, nachhaltigen Rückgang der Flüchtlingszahlen, und zwar sichtbar in den nächsten Wochen", sagte Thomas de Maizière zum Auftakt eines Treffens der EU-Innenminister. "Wir werden Einfluss ausüben auf Griechenland, dass Griechenland seine Hausaufgaben macht." Ein Innenminister macht Außenpolitik? Das kann die außenpolitische Speerspitze der Regierung, die Verteidigungsministerin, nicht ruhen lassen. Immerhin strotzt Griechenland nur so von deutschen Waffen. Hat man der griechischen Marine nicht seinerzeit für ein paar Milliarden erstklassige Jagd-U-Boote mit außenluftunabhängigem Antriebssystem, von der Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) geliefert? Ist die deutsche Kanzlerin, als die griechische Regierung in Zahlungsverzug geriet, nicht selbst als Geldeintreiberin nach Athen geflogen? Mindestens die schwimmenden Flüchtlinge werden doch wohl von den U-Booten aufgehalten werden können! Bevor man die Griechen, wie andere EU-Staaten drohen, aus der EU rauswirft und damit den Zerfallsprozess der Europäischen Union weiter befördert, wird die inzwischen weltweit bewährte Bundeswehr und ihre blonde Frontfrau zum Einsatz kommen müssen.

Zudem ist Griechenland untrennbar mit der europäischen Geschichte verbunden. Nicht so sehr der Demokratie wegen, eher wegen der unendlichen deutsch-griechischen Korruptions-Geschichte. Mal musste der Rüstungskonzern Rheinmetall ein von der Staatsanwaltschaft Bremen verhängtes Bußgeld in Höhe von mehr als 37 Millionen Euro wegen eines Deals verbuchen. Dann ermittelte die Münchner Staatsanwaltschaft wegen des U-214-Geschäfts zwischen Griechenland und Deutschland gegen die Manager des HDW-Vertriebspartner Ferrostaal AG: Es bestehe der Verdacht auf Untreue und Bestechung in Höhe von 55 Millionen Euro. Schließlich stellten deutsche und griechische Ermittler fest, dass auch beim Verkauf von Panzern des Typs "Leopard 2" an Griechenland bestochen wurde. Das sind Traditionen, die man nicht einfach kappen kann, nur weil die Griechen mit den Flüchtlingen nicht fertig werden.

Auch wegen dieser neuen Herausforderung muss Frau von der Leyen einfach den Rüstungsetat erhöhen: Gute 130 Milliarden Euro will sie in die Aufrüstung der Bundeswehr investieren und fordert dafür eine weitere Aufstockung des Wehretats. Das entspricht fast einer Verdoppelung der bisher vorgesehenen Mittel. Zusätzliche Kriegs-Schiffe und Flieger braucht das Land. Auch der Bestand an Fennek-Spähpanzern (in Afghanistan bewährt) soll um 30 auf dann 248 steigen. Außerdem sollen sechs Marine-Helikopter zusätzlich angeschafft werden und 40 schwere Transporthubschrauber als Ersatz für die alten CH53-Maschinen werden für die Auslandseinsätze offenkundig dringend gebraucht. Für den Einsatz zur Griechenland-Hilfe, zur Abwehr von Flüchtlingen, die über die Meerenge zwischen der Türkei und den griechischen Inseln nach Deutschland kommen, eigenen sich die von der Verteidigungsministerin gewünschten "Joint Support Ships" bestens: Die dort stationierten Hubschauer und Landungsboote sind jederzeit zu Wasser, zu Lande und zur Luft gegen Flüchtlinge einsetzbar.

So stellen sich die deutschen Regierenden der „gewachsenen deutschen Verantwortung“: Der eine schließt Augen und Ohren, um der EU-NATO-Gebietserweiterung bis kurz vor Moskau gerecht zu werden. Und die andere rüstet auf, damit kein Land mehr ohne deutschen Einsatz darben muss.

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Ja das Vierte Reich formiert sich - versucht sich zu formieren - aber wo bleibt der Führer/die Führung? Das deutsche Volk hat die Nase voll von Krieg und will in Frieden leben, nachdem es bisher nur draufgezahlt hat. Und draufgekommen ist, dass...

Ja das Vierte Reich formiert sich - versucht sich zu formieren - aber wo bleibt der Führer/die Führung? Das deutsche Volk hat die Nase voll von Krieg und will in Frieden leben, nachdem es bisher nur draufgezahlt hat. Und draufgekommen ist, dass es sich im Frieden eindeutig besser lebt ...
Ein paar Marine-Helikopter werden da auch nicht viel ausmachen ...
Augen und Ohren verschließen, Hirn ausschalten, die Welt ist unser - Warnung des Verteidigungsministeriums ...
Ach, das hatten wir doch schon ...

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Klaus Madersbacher
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Während die allgemeinen Medien primär die CDU-CSU-Flüchtlings-Aufführung abbilden, dringt die RATIONALGALERIE mal wieder zum Wesentlich vor: Diese Regierung will durch NATO- und EU-Osterweiterung die Konflikte anheizen und für eben diese...

Während die allgemeinen Medien primär die CDU-CSU-Flüchtlings-Aufführung abbilden, dringt die RATIONALGALERIE mal wieder zum Wesentlich vor: Diese Regierung will durch NATO- und EU-Osterweiterung die Konflikte anheizen und für eben diese Konflikte aufrüsten. Danke für die klaren Worte.

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Grit Brandtkemper
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Moldawien? Wer oder was ist schon Moldawien. Die Menschen und deren Willen? Gibt es nicht! Faschistische Gelüste in der Menschenmenge sind auch nicht auszumachen, also kein Steinmeier, keine Nudelland und keine braunen Kekse. Vielleicht sollte...

Moldawien? Wer oder was ist schon Moldawien. Die Menschen und deren Willen? Gibt es nicht! Faschistische Gelüste in der Menschenmenge sind auch nicht auszumachen, also kein Steinmeier, keine Nudelland und keine braunen Kekse. Vielleicht sollte Moldawien sich ein neues Volk importieren, welches zum richtigen Aufstand benutzt werden kann. Ich empfehle den rechten Sektor aus der Ukraine. Die sind Aufstandserprobt und Lernresistent und wenn alles in Schutt und Asche liegt rollen sie dem Steini bestimmt auch den braunen Teppich aus. Dann wird´s schon klappen.

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Moyra Mangold
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Wieder ein großartiger Beitrag von Uli Gellermann. Eine kleine Ergänzung: Bill Clinton, Ex-US-Präsident, hat die westliche Doppelmoral, die sich erneut in der Ukraine und Moldawien zeigt, schon vor Jahren mit einem prägnanten Satz auf den Punkt...

Wieder ein großartiger Beitrag von Uli Gellermann. Eine kleine Ergänzung: Bill Clinton, Ex-US-Präsident, hat die westliche Doppelmoral, die sich erneut in der Ukraine und Moldawien zeigt, schon vor Jahren mit einem prägnanten Satz auf den Punkt gebracht. Auf die politischen Verbrechen des indonesischen Diktators Suharto angesprochen, gestand Clinton: ?Natürlich ist er ein Schweinehund. Aber wenigstens ist er unser Schweinehund.? Merke: Nicht, was man tut, ist entscheidend, sondern wer es tut.
Beispiele gibt es zuhauf: Man mag Russlands Schritt bezüglich der Krim beurteilen wie man mag, nur: Wer deswegen Boykotte, Embargos und Sanktionen gegen Moskau verhängt und gleichzeitig mit China, das seit Jahrzehnten Tibet mit äußerst umstrittenen Begründungen einverleibt hält, regen Handel treibt, hat sich redlich den Orden ?Unglaubwürdigkeit Erster Klasse? verdient und sollte diesen auch deutlich sichtbar tragen.
Auch der Umgang mit Griechenland dokumentiert auf klassische Weise westliche Verlogenheit: Erst waren die "faulen Griechen" an der Euromisere schuld, weshalb sich das Berliner-Brüsseler Fallbeil über die Häupter der sündigen Helleren senkte, jetzt ist Athen an den Flüchtlingszahlen in Österreich und Deutschland schuld. Ganz als ob es die Regierung Tsipras wäre, die in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen bombt, den IS mit Dollarmillarden füttert oder Waffen an Saudi-Arabien verkauft und damit die Flüchtlingsbewegung verursacht. Derweil der Oberlehrer aus Berlin ungerührt der Tatsache, dass er selbst den griechischen Staatshaushalt zusammengestrichen und damit das Land faktisch handlungsunfähig gemacht hat, die Erledigung weiterer !Hausaufgaben" einfordert. Da mag auch der Wiener Eiswürfel Mill-Leitner nicht zurückstehen und die "profunde" Kenntnis zum Besten geben, dass Griechenland selbstverständlich seine Grenzen sichern kann. Zur Erinnerung: Griechenlands Seegrenzen betragen 18 000 Kilometer. Die gedankliche Reichweite von Frau Mikl-Leitner dagegen nur 18 Millimeter.

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Kostas Kipuros
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ELF ZEILEN; DREI FRAGEZEICHEN
UND EIN NACHSATZ

Frau Leyen, Frau Merkel,
was soll das Gewerkel?
Merken Sie nicht,
wie peinlich das ist,
was Sie da tun
in Deutschlands Namen,
mit Basta und Amen?
Den Geldsäcken geben,
dem Volk nur nehmen.
Meinen Sie nicht,
es...

ELF ZEILEN; DREI FRAGEZEICHEN
UND EIN NACHSATZ

Frau Leyen, Frau Merkel,
was soll das Gewerkel?
Merken Sie nicht,
wie peinlich das ist,
was Sie da tun
in Deutschlands Namen,
mit Basta und Amen?
Den Geldsäcken geben,
dem Volk nur nehmen.
Meinen Sie nicht,
es wär Zeit sich zu schämen?

Herrn Außenminister Steinmeier
gewidmete Nachsatzzeilen:

Scham hindert Schande.
In diesem Gewande
einherzugehen,
würde Ihnen besser stehen,
als diese kranke Wahrheitsdiät
im Tarnkleid Ihrer Immunität.

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Lutz Jahoda
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Erstklassiger Artikel! Faktenreich, sachlich polemisch. Der Stil gefällt mir..
Wegen Ihrer Artikel denke ich manchmal darüber nach, ob ich mir einen ?social media account? zulegen sollte. Einfach um das verdiente ?like? zu vergeben. Aber diese...

Erstklassiger Artikel! Faktenreich, sachlich polemisch. Der Stil gefällt mir..
Wegen Ihrer Artikel denke ich manchmal darüber nach, ob ich mir einen ?social media account? zulegen sollte. Einfach um das verdiente ?like? zu vergeben. Aber diese ?accounts? sind mir immer noch suspekt.
Deshalb hier: Danke!.

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Jürgen Günther
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Ich spekuliere mal:

2017 bei der nächsten Show in der "Berliner Puppenkiste" wird Frau von der Leyen zur Soldatenkönigin der Bertelsmann Republik Deutschland gekrönt. Und für den Genossen Steinmeier findet sich auch ein Platz im Hofstaat.

W. Händel
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Der Wahnsinn scheint ein exklusives Recht in den Schaltzentralen der Macht zu sein. Nicht nur in den deutschen Landen...:) Aber eigentlich ist das garnicht zum Lachen, es ist zum Heulen!

Burkhard Ohligs
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Sehr geehrter Herr Kostas Kipuros,
Sie verwenden in ihrem Kommentar zum RG-Artikel ein Zitat, an dem nichts stimmt! ! !
Wegen der historischen Genauigkeit hier die Korrektur von mir:
Erstens verwendet der Zitierende nicht das Wort "Schweinehund"...

Sehr geehrter Herr Kostas Kipuros,
Sie verwenden in ihrem Kommentar zum RG-Artikel ein Zitat, an dem nichts stimmt! ! !
Wegen der historischen Genauigkeit hier die Korrektur von mir:
Erstens verwendet der Zitierende nicht das Wort "Schweinehund" sondern den US-englischen Begriff "Son of a bitch" was korrekterweise mit "Hurensohn" übersetzt werden muss.
Zweitens ist es nicht Bill Clinton, der diesen Ausspruch getan hat und
drittens sprach er nicht über den indonesischen Präsidenten Suharto ! ! !

Das Zitat ist um Jahrzehnte älter und stammt von dem 32. Präsidenten der USA von Franklin Delano Roosevelt, der als einziger Präsident in der bisherigen Geschichte der USA 4 Legislaturperioden lang regiert hat (* 30. Jan 1882 in Hyde Park * 12. April 1945 in Warm Springs)

Er sagte dies über den ersten Diktator in Nicaragua, über Anastasio Somoza Garcia, der am 29. Sept. 1956 einem Attentat zum Opfer fiel, das der Student Rigoberto López Pérez am 21, Sept. auf ihn verübt hatte.

Und der genaue Text lautet im Original:
"Yes, Somoza is a son of a bitch, but he ist our son of a bitch!"

Korrekte Übersetzung: "Ja, Somoza ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn!"

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Aleksander von Korty
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Sehr geehrter Herr Kostas Kipuros,
in Bezug auf die Einverleibung von Minderheiten muss man nicht bis China gehen, das im Übrigen schon seit 300 Jahren Tibet als Staatsgebiet bertrachtet. Es gab nur eine kurze Zeit der Autonomie im 20. Jh.. Die...

Sehr geehrter Herr Kostas Kipuros,
in Bezug auf die Einverleibung von Minderheiten muss man nicht bis China gehen, das im Übrigen schon seit 300 Jahren Tibet als Staatsgebiet bertrachtet. Es gab nur eine kurze Zeit der Autonomie im 20. Jh.. Die Randale vor den Olympischen Spielen wurden vom Westen medienwirksam initiiert. Und auch heute ist Tibet ein autonomes Gebiet.
Aber bleiben wir in Europa. Trotz jahrzehntelanger Kämpfe haben die Tiroler nicht ihre Unabhängigkeit von Italien erkämpfen können. Die Nordiren dürfen nicht zum Mutterland, weil die Briten sie besetzt halten. Die Basken kämpften erfolglos um einen eigenen Staat. Das Kosovo wurde mit Nato-Gewalt von Serbien abgetrennt. Auch Zypern, wie Sie wissen, wurde z.T. von der Türkei besetzt. Wir sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen, denn es weisen drei FInger auf einen selbst zurück.

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Uschi Peter
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