Der Chef der Rest-SPD, Martin Schulz, hat tatsächlich jüngst den Siemens-Konzern als „asozial“ bezeichnet. Nur weil der mal wieder ein paar tausend Arbeiter und Angestellte rauswirft. Asozial? Also gegen die Gesellschaft gerichtet? Aber Siemens kommt doch aus der vielfach beschworenen Mitte der Gesellschaft. Hat sich doch der Konzern bis zum zeitweiligen Ende der staatlich subventionierten Atomkraftwerke an deren Bau dumm und und dämlich verdient. Ist nicht der allseits beliebte Joschka Fischer als Lobbyist für Siemens tätig? Und kommt der Siemens Hauptaktionär Black-Rock nicht aus dem Land der FREUNDE, der allgemein wertgeschätzten USA? Sozialer als Siemens geht also kaum.

Martin Schulz, der ganz, ganz lange im selben Gesellschafts-Boot wie Siemens saß und die Illusion verbreitete, seine SPD dürfe mitsteuern, sollte doch mehr Verständnis für die Schwierigkeiten des gewöhnlichen Kapitalismus aufbringen. Zwar konnte Siemens im Geschäftsjahr 2016/17 seinen Umsatz um vier Prozent auf 83 Milliarden Euro steigern. Und der operative Gewinn betrug fast 10 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. Aber aus den guten Zahlen könnten auch wieder schlechte werden. Da entlässt man lieber vorsorglich. Mit dieser Vorsorge ist man immer gut gefahren.

Sicher hat Carl Friedrich von Siemens schon 1931 in einer Rede bei General-Electric vorsorglich gewarnt, dass nur die NSDAP die `bolschewistische Gefahr´ erfolgreich bekämpfen könne. So viel Sorge zahlte sich aus: Man war an der Ausrüstung der Wehrmacht bestens beteiligt, vom Feldtelefon bis zum Autopiloten. Siemens lieferte für den Nazi-Krieg so viel man nur konnte. Klar, dass bei dieser Umsatzsteigerung auch Zwangsarbeiter gebraucht wurden. Schließlich verlegte man die Produktion von Telekommunikations-Ausrüstungen für die Wehrmacht direkt in das KZ Ravensbrück. Diese militärische Perspektive hat Siemens bis heute im Auge: Mit einer 15 Millionen Investition war Siemens Financial Services an der Produktion von Streubomben beteiligt. Und die Siemens Government Technologies in den USA versorgt Verteidigungs-, Geheimdienst- und Zivilbehörden in den Vereinigten Staaten mit allem was das armierte Herz des Imperialismus so braucht. Nach der 7,6 Milliarden Dollar-Übernahme der US-Firma Dresser-Rand ist Siemens auch zum Direktlieferanten des Pentagon aufgestiegen.

„Manchester Kapitalismus“ wirft Martin Schulz mit empörter Pose dem Siemens-Chef Joe Kaeser vor und liegt damit weit neben der historischen Wirklichkeit. Denn Siemens ist längst Teil jener globalen, modernen Welt-Regierung, die von den eifrigen Kosmetikern des Systems sofort als „verschwörungstheoretisch“ zurückgewiesen wird. Aber Joe Kaeser ist nun mal Mitglied der „Trilateralen Kommission“. Das ist jene bedeutende Gesellschaft mit 400 höchst einflussreichen Mitgliedern aus den drei großen internationalen Wirtschaftsblöcken Europa, Nordamerika und Japan, die sich natürlich rein zufällig regelmäßig treffen. Eine Gesellschaft, die sicher ebenso zufällig von David Rockefeller auf einer Bilderberg-Konferenz gegründet wurde. Spätestens jetzt klingeln die Alarmglocken der Anti-Verschwörungstheoretiker in Medien und Politik. Denn wer nicht nur Organisationszusammenhänge zur Durchsetzung brutaler Kapital-Interessen sieht, sondern sogar öffentlich benennt, verfällt der Ächtung durch das Modewort „Verschwörungs-Theoretiker“. So einer muss als Spinner gebrandmarkt werden, als Geisterseher, als schwer erziehbar.

Deshalb muss sogar die scheinbar objektive Wissensmaschine WIKIPEDIA, eine als Information getarnte Meinung verbreiten: „Um die Trilaterale Kommission ranken sich seit ihrer Gründung verschiedene Verschwörungstheorien.“ Also müssen wir annehmen, dass die einstige Bildungsministerin Edelgard Bulmahn von der SPD und Michael Fuchs vom CDU-Bundesvorstand, wenn sie sich regelmäßig in der Kommission mit Joe Kaeser treffen, über das Wetter reden. Und keineswegs darüber, dass antikapitalistisches Schaulaufen angesagt ist, wenn man dringend wieder eine Große Koalition zur Führung der deutschen Geschäfte braucht. Und keineswegs eine Verschwörung gegen den Wählerwillen.

Dass man Klaus-Dieter Frankenberger, dem Ressortleiter Außenpolitik der FAZ, ebenfalls Mitglied der Kommission, dort die Idee von der Gefährdung Europas durch eine falsche deutsche Regierung eingeblasen hat, ist Unsinn. Zwar referieren zur Zeit nahezu alle deutschen Medien, als habe man einen Schalter umgelegt, ihre große Sorge um die Europäische Union. Als sei sie echt in Gefahr durch ein zeitweilig unregiertes Deutschland. Aber das ist nicht verschworen, das ist Reflex: Man hatte sich in den Redaktionen an den GroKo-Zustand gewöhnt. Da kannte man seine kurzen Wege. Und Jahre der Konditionierung machen den ordentlichen deutschen Redakteur zum Automaten. Zu einer Maschine, die auf keinen Fall dem Martin Schulz die Frage stellen würde, warum denn die SPD jetzt plötzlich entdeckt, dass Siemens asozial ist und nicht schon in den Jahren zuvor. Als zum Beispiel 3000 Kollegen in Kamp-Lintfort einer „Bereinigung“ der Siemens-Handy-Sparte zum Opfer fielen. Obwohl Siemens dort sogar eine Beschäftigungsgarantie für Lohnverzicht abgegeben hatte und sie prompt brach.

Natürlich können erfahrene Konzerne wie Siemens Koalitionen aller Art dirigieren. Zumal man sich mit deren Protagonisten gern und immer wieder in Lobby-Clubs aller Art trifft. Aber das Dirigieren geht einfach schneller, wenn man nur zwei Parteien an der kurzen Leine führen muss. Da darf Martin Schulz, kurz vor der GroKo, gerne mal ein wenig links blinken.

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Sehr gut. Wir brauchen halt ein neues, unabhängiges Nachschlagwerk anstelle von Wikipedia. Du kannst gut nachschlagen. Deswegen vielleicht eine Ratiopedia oder eine Gellerpedia!

Arnulf Rating
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Fuer Geld und Posten macht die sPD alles, alles. Ich tippe auf mindestens 20 Staatssekretaersposten, 5 Minister, 20 Vize und sonstiges.
Dazu dann
- frenetische Unterstuetzung fuer den Kampfeinsatz der Truppe in Afghanistan
-frenetische...

Fuer Geld und Posten macht die sPD alles, alles. Ich tippe auf mindestens 20 Staatssekretaersposten, 5 Minister, 20 Vize und sonstiges.
Dazu dann
- frenetische Unterstuetzung fuer den Kampfeinsatz der Truppe in Afghanistan
-frenetische Unterstuetzung fuer die verdopplung des Kriegsbudget
-frenetische Unterstuetzung fuer die Sozialisierung der Bankenverluste
- frenetische Unterstuetzung fuer Reformen zur marktgerechteren Demokratie

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joe bildstein
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Verdammt ! Schon wieder so brillant. Ich würde gerne mal nörgeln oder widersprechen. Geht aber bei Uli nicht. Respekt vor so profunden Geschichts- und Gesellschaftswissen. Bin begeistert. Der Sarkasmus ist absolut angebracht und für den Leser gut...

Verdammt ! Schon wieder so brillant. Ich würde gerne mal nörgeln oder widersprechen. Geht aber bei Uli nicht. Respekt vor so profunden Geschichts- und Gesellschaftswissen. Bin begeistert. Der Sarkasmus ist absolut angebracht und für den Leser gut nachvollziehbar.
Danke.

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Ronald Wolf
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Ein Dilemma. Selbstverständlich kommt das Argument mein-Arbeitgeber-ist-zwar-die-Mafia auf den aber-wir-wollen-trotzdem-bleiben-Demos nicht vor. Das ist, wenn man es zu Ende denkt, ein nicht ganz unerhebliches Faktum. Es gilt nämlich nicht nur zu...

Ein Dilemma. Selbstverständlich kommt das Argument mein-Arbeitgeber-ist-zwar-die-Mafia auf den aber-wir-wollen-trotzdem-bleiben-Demos nicht vor. Das ist, wenn man es zu Ende denkt, ein nicht ganz unerhebliches Faktum. Es gilt nämlich nicht nur zu formulieren, welcher korrupte Schulz welchem korrupten Siemens in den übergroßen Garten geschifft hat. Jeder Lohnsklave muss sich heute überlegen, für welche Sache er welchen Gegenwert als Lohn haben will und wie viel er davon anschließend in Bodenversiegelung und Kraftstoffverbrennung investiert. Des Pudels Kern übersteigt den strategischen Horizont der meisten Menschen. Denn unserer Politiker, die jeden Tag von einer hypothetischen Weltregierung aufgeschrieben bekommen, welche Meinung sie in den nächsten 48 Stunden haben müssen, sowieso. Des Pudels Kern ist letztlich der Grund für Kriege. Eine mögliche Gegenmaßnahme: Gemeinwohl als Staatsziel. Heute heißt es Profit. Die Weltregierung ist das egoistische Individuum. Wer am Drücker ist, der drückt halt auch.

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Andreas Schell
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Aber was soll die SPD denn machen? Für Neuwahlen bekommt sie in der Mitgliedschaft keine Mehrheit.

Eva Hammacher
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Ihr Artikel ist mit einer Fülle von Fakten abgesichert und sprachlich einfach brillant. Immer wieder gelingt Ihnen bester Journalismus. Dafür muss mich ich mich einfach mal bedanken.

Georg Symaniak
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Dass die SPD wieder in die GoKo marschiert ist doch eine billige Voraussage. Nennen Sie Ihren Lesern lieber mal eine Alternative.

Gerd Wegener
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Journalismus liefert Analysen als Grundlage für Alternativen.

Uli Gellermann
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Die repräsentative Fassaden-Demokratie ist offensichtlich am Ende.
Weil die Machenschaften ihrer Repräsentanten weitgehend ans Licht gebracht worden sind.
Wir haben die letzte GroKo vor uns, weil es danach für eine neue GroKo nicht mehr reichen...

Die repräsentative Fassaden-Demokratie ist offensichtlich am Ende.
Weil die Machenschaften ihrer Repräsentanten weitgehend ans Licht gebracht worden sind.
Wir haben die letzte GroKo vor uns, weil es danach für eine neue GroKo nicht mehr reichen wird.
Was danach kommt, wage ich mir nicht mehr vorzustellen, ein Blick in die jüngere Geschichte gibt allerdings gewisse Anhaltspunkte.
Die Damen und Herren der Rüstungsindustrie werden auch diese geschichtliche Episode bestens gelaunt überstehen.
Danach kommt dann wieder die Bauindustrie zum Zug.

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Matthias Brendel
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Klingt so ein bisschen wie Hinterkammer- Infarkt.
Nach 150 Jahren eigentlich ein normaler Tod, sollte man meinen.
Zumal die "Alte Tante" ja auch einen wirklich ausschweifenden Lebenswandel hatte.
Immer knapp daneben, immer auf der Suche nach der...

Klingt so ein bisschen wie Hinterkammer- Infarkt.
Nach 150 Jahren eigentlich ein normaler Tod, sollte man meinen.
Zumal die "Alte Tante" ja auch einen wirklich ausschweifenden Lebenswandel hatte.
Immer knapp daneben, immer auf der Suche nach der großen Liebe.
Der Realität immer ein Schnippchen schlagend, jede Schweinerei mitgemacht um ein gute deutsche Tante zu sein.
Leider schon früh an Jahren an dem scheußlichem Skorbut und der Rachitis erkrankt, was ihr Rückgrat so flexibel machte. Die Lunge von Schwindsucht befallen, machte Sie stumm.

Liebe Tante, dein Tod soll voller Schmerzen sein und deine "Enkel" ohne Einkommen.
Die Klage der alten Prostituierten ist nicht marktkonform.

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Eckehard Irkens
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Kein Abschied auf der Welt fällt schwerer als der Abschied von der Macht

Charles Maurice de Talleyrand

Mehr muss man zu SPD und CDU nicht sagen

Alexander Kocks
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