Nur wenige Tage nach dem zwölf zivile Bus-Passagiere im ukrainischen Ort Wolnowacha schwerem Beschuss zum Opfer gefallen waren, durfte sich der Präsident der Ukraine auf einer halben Seite der FRANKFURTER ALLGEMEINEN in die allgemeine Je suis-Welle einreihen: Jetzt sollen wir alle Wolnowacha sein, druckt die FAZ schamlos Petro Poroschenko ab und stützt dessen durch nichts bewiesene Auffassung, die Separatisten hätten den Bus beschossen. Zwar kam die OSZE-Untersuchung des Vorfalls zu einem anderen Ergebnis. Aber die OSZE ist für deutsche Medien nur interessant, wenn man sie als angebliche Entführungsopfer instrumentalisieren kann. - Wolnowacha: Das ist jener Ort, an dem am 22. Mai des vergangenen Jahres Hubschrauber der ukrainischen Armee die eigenen Soldaten angegriffen haben. Falls die FAZ das weiß, will sie es nicht wissen.

Pünktlich einen Tag vor der Mobilisierung weiterer 50.000 Soldaten für den Bürgerkrieg in der Ukraine darf der ukrainische Präsident, dessen Truppen Streubomben einsetzen und gern zivile Ziele unter Feuer nehmen, in der FAZ fordern, dass "alle Europäer heute zu Ukrainern werden". Das mag die vorgeblich seriöse FAZ natürlich nicht mit einem Hinweis darauf ergänzen, dass es mindestens zwei Ukraines gibt, einmal Ost und einmal West. Die Poroschenko-Behauptung, es seien "reguläre russische Truppen" die auf dem Gebiet der Ukraine die Kontrolle ausüben würden, ist der FAZ keine Rückfrage, keine Fußnote, kein Kommentar wert. Auch hier ist eine Stellungnahme der OSZE einfach nicht auffindbar, obwohl die Organisation 217 Beobachter in Lugansk und Donezk stationiert und bisher keine russischen Truppen gemeldet hat.

Der Appell des blutigen Petro, "die" Europäer mögen sich doch vermehrt in seinen Kampf gegen die Ost-Ukraine einschalten, enthält neben einer Serie hohler Phrasen aber auch einen halbwegs sachdienlichen Hinweis: Er spricht von "Kriegs-Gefangenen" die "wir" jüngst befreien konnten. Zwar wurden die Gefangenen nicht "befreit" sondern ausgetauscht. Aber das ficht den FAZ-Redakteur nicht an. Passt doch die Lüge von der "Befreiung" einfach besser in die pathetische Kriegs-Rhetorik, die Poroschenko in der FAZ abspulen darf. Auch der Begriff Kriegs-Gefangene hätte einen wachen Redakteur aufmerksam machen müssen. Sprach doch die Kiewer Regierung bisher nur von einem "Anti-Terror-Einsatz", keinem Krieg. Wer "russische Truppen" und "Krieg" zusammenzählen kann, der kann die Gefahr in der neuen Sprachreglung erkennen. Die FAZ kann oder will nicht.

"Ukrainische Truppen starteten am Wochenende eine Offensive zur Rückeroberung des Flughafens von Donezk", berichtet die TAGESSCHAU. Parallel hat Kiew die Wiederaufnahme des Artilleriebeschusses der Städte Donezk und Lugansk  begonnen. Das Minsker Abkommen, das die Lage in der Ost-Ukraine entschärfen sollte, scheint erledigt zu sein. Gerade erst wurde der Kiewer Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Gauck feierlich in Berlin empfangen. Niemand hat den Eindruck, dass die deutschen Autoritäten die Kiewer Regierung zur Mässigung angehalten haben. Auch die jüngst erfolgte Gründung eines Kiewer Propaganda-Ministeriums - dem weltweit ersten nach dem Ende des deutschen "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" 1945 - wurde offenkundig nicht thematisiert. Zum Minister berief Präsident Petro Poroschenko seinen eigenen langjährigen Fernsehchef, den 38-jährigen Juri Stez. Der Mann war auch lange Chef der Informationsabteilung der "Nationalgarde", jener militärischen Formation, die ukrainischen Neonazis eine Heimat gegeben hat.

"Die Heiligkeit von Freiheit, Toleranz, Souveränität und Demokratie", predigt Poroschenko in der FAZ, "sind bestätigt worden." Bestätigt sind auch die Nachrichten über den Wehrkunde-Unterricht in den ukrainischen Schulen und die paramilitärische Schulerziehung. Über die Heiligkeit dieses Themas können sich der ukrainische Präsident und Joachim Gauck demnächst auf der Münchner Sicherheitskonferenz austauschen, zu der beide eingeladen sind. - Der Krieg in der Ost-Ukraine mit seinen bisher fast 4.000 Toten, kann sich immer noch zu einem Krieg mit Russland entwickeln. Solange dem gefährlichen Oligarchen Poroschenko NATO-Bühnen und Rückendeckung für seine militanten Parolen geboten werden.

Wegen der BERLINALE-Pressvorführungen kann es zu Verzögerungen bei der Leserpost kommen.

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Hallo deutsche Politiker(!) ... "sage mit wem du gehst ... und ich sage dir wer du bist!" (Volksweisheit!)

Hans Jon
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Zu spät!
hotppeperpix.de ist down.
Wen´s interessiert, hier ein Archiveintrag von Mai 2014.

http://web.archive.org/web/20140517125033/http://hotpepperpix.de/

Marionetta Slomka
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Hier ist die Site auch zu erreichen:

http://www.hotpepperpix.de/foto/index.html

Uli Gellermann
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Die ukrainische Junta will von Anfang an Krieg.
Es ist ihr Ziel, ihr Ursprung und ihre einzige Überlebenschance - die USA im Rücken.

Hannes Stütz
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Durch Abdruck dieses höchst dubiosen Pamphlets, das darstellerisch nur so vor heuchlerischer Arroganz strotzt und sich faktisch in bekannt PORÖ-ser Manier strukturiert, wird vor allem eines deutlich - FASCHISMUS ist wieder salonfähig geworden....

Durch Abdruck dieses höchst dubiosen Pamphlets, das darstellerisch nur so vor heuchlerischer Arroganz strotzt und sich faktisch in bekannt PORÖ-ser Manier strukturiert, wird vor allem eines deutlich - FASCHISMUS ist wieder salonfähig geworden. Was sonst noch bleibt ist die Erkenntnis, die FAZ zweifelsfrei als Gossenblatt einreihen zu können.

Ansonsten zu Panzer-Poro (verdient an der Aufrüstung/Waffenproduktion seines Landes kräftig mit - dort ist jetzt 7-Tage Woche rund um die Uhr) - auch das Nahvideo zu seinem Auftritt Anfang der Woche in Zürich st ein Bonbon hinsichtlich Verlogenheit der Aussagen, die sich hier analog in der Mimik bestätigen. Die Einheit und Ausgrenzung (Feindfixierung), die er dort wiederholt beschwört ist das was den wahren Faschisten im Kern ausmacht. Ein zutiefst widerlicher Typ, der angesichts all der für ihn im Westen ausgerollten Teppiche eindrucksvoll markiert, wie tief das Abendland mit all seinen "Werten" gesunken ist.

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curti curti
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Erneut erweist sich die RATIONALGALERIE als ein Refugium des ordentlichen Journalismus. Während der Mainstream sich zunehmend als Sender ungeprüfter Botschaften aus Kiew versteht, wird in der Galerie hinterfragt, nach Beweisen verlangt und Fakten...

Erneut erweist sich die RATIONALGALERIE als ein Refugium des ordentlichen Journalismus. Während der Mainstream sich zunehmend als Sender ungeprüfter Botschaften aus Kiew versteht, wird in der Galerie hinterfragt, nach Beweisen verlangt und Fakten geliefert. Für mich war z. B. bisher nicht bekannt, dass ausgerechnet in Wolnowacha Hubschrauber der ukrainischen Armee die eigenen Soldaten angegriffen hatten. Ein Faktum, das grundsätzlich Kriegsnachrichten aus Kiew zweifelhaft erscheinen lässt. Natürlich müssen auch Nachrichten aus der Ostukraine geprüft und relativiert werden. Aber die erreichen den Mainstream meist gar nicht. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich die RATIONALGALERIE als Korrektiv habe. Danke.

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Vera Matschulla
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Nochmals wie gesagt: eine grossartige Leistung Dein Blog
oder wie es sich Deine klugen, aetzenden, kompromisslosen Artikeln heissen sollen.

Ich wiederhole also meine Gratulationen zu diesen immer noch notwendige Worte gegen Stultitia, Anpassung...

Nochmals wie gesagt: eine grossartige Leistung Dein Blog
oder wie es sich Deine klugen, aetzenden, kompromisslosen Artikeln heissen sollen.

Ich wiederhole also meine Gratulationen zu diesen immer noch notwendige Worte gegen Stultitia, Anpassung und die Erniedrigung und Abstumpfung des öffentlichen Denkens.

Gruesse aus dem südlichsten Süden (Santiago de Chile)

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Omar Saavedra Santis
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Daß Europäer zu Ukrainern werden,das meint Poposchenko ganz ernst.Der 3.WK ist voll im Gang ,es ist nur eine Frage der Zeit bis er auch uns erreicht.Unsere Verbrecherbanden arbeiten jedenfalls mit Hochdruck daran.

Die Frage ist nicht ob die FAZ...

Daß Europäer zu Ukrainern werden,das meint Poposchenko ganz ernst.Der 3.WK ist voll im Gang ,es ist nur eine Frage der Zeit bis er auch uns erreicht.Unsere Verbrecherbanden arbeiten jedenfalls mit Hochdruck daran.

Die Frage ist nicht ob die FAZ kann oder will,sie darf nicht.Übrigens wird dort jeder Kommentar der auf diesen Umstand vorsichtig hinweist gnadenlos zensiert.Meinungsfreiheit eben !

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Manfred Caesar
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Rassel, rassel, Kellerassel! - Diese lichtscheuen Wesen mit breit abgeplattetem Körper und der melodiösen Fachbezeichnung Porcellio scaber, werden laut wissenschaftlicher Kenntnis die letzten Erdenbewohner nach einem Atomkrieg sein. - Denken wir...

Rassel, rassel, Kellerassel! - Diese lichtscheuen Wesen mit breit abgeplattetem Körper und der melodiösen Fachbezeichnung Porcellio scaber, werden laut wissenschaftlicher Kenntnis die letzten Erdenbewohner nach einem Atomkrieg sein. - Denken wir weiter, ganz nach Art der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und stellen folgende Frage in den Raum: Wo werden sie sich wohler fühlen? - In den verkommenen U-Bahnschächten von New York oder in den U-Bahn-Kathedralen Moskaus? - Auf diese Diskussion werden wir vorerst vergeblich warten, wie auch auf das Eingeständnis, dass auch im Jahre 2015 darauf zu achten sein wird, über viele Bereiche der Werte-Demokratie lichtundurchlässigen schweren schwarzen Samt zu legen, um der schwarzbraunen Haselnuss-Bewegung das Schlüpfen zu erleichtern. Geburtshelfer haben wir gegenwärtig wieder reichlich. Daran gab es eigentlich noch nie Mangel in diesem unserem bundesdeutschen Lande - seit 25 Jahren auch übergestülpt dem Osten, der das, genau genommen, so eigentlich nicht haben wollte.

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Lutz Jahoda
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Eine gekonnte Bloßstellung der FAZ. Danke Ulrich Gellermann.


Da verbreitet diese Zeitung die unüberprüfte Behauptung Poroschenkos, reguläre russische Truppen würden auf ukrainischem Territorium die Kontrolle ausüben. Diese Behauptung...

Eine gekonnte Bloßstellung der FAZ. Danke Ulrich Gellermann.


Da verbreitet diese Zeitung die unüberprüfte Behauptung Poroschenkos, reguläre russische Truppen würden auf ukrainischem Territorium die Kontrolle ausüben. Diese Behauptung Poroschenkos scheint aus seinem Propagandaministerium zu kommen.


Ich lese täglich die Feldberichte der neutralen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die sich auch an der Grenze zu Russland befinden. Von russischen Truppenbewegungen in der Ukraine war da bisher nichts vermerkt. Wozu riskieren die Beobachter täglich ihr Leben, wenn ihre Berichte so wenig Beachtung finden? Es ist nicht neu, dass die OSZE durch deutsche Leitmedien im Auftrag der deutschen Politik ignoriert wird, wenn ihre Rolle nicht dem politischen Willen der Bundesregierung entspricht. Das war schon 1999 so, als der Krieg gegen Jugoslawien vorbereitet wurde und die OSZE dabei eher störte. Stets folgte die deutsche Politik den Vorgaben der USA über die NATO statt die Rolle der Organisation zu stärken, der von Vancouver ostwärts bis Almaty alle Staaten angehören. Allein schon diese Tatsache wirklicher Multinationalität sollte die Potenzen unterstreichen, über die die OSZE für die Sicherheit über Europa hinaus verfügt. Dieser Staatenorganisation sollte auch bei der bevorstehenden Münchner Sicherheitskonferenz eine größere Bedeutung beigemessen werden. Da aber auch da der Kriegskurs der NATO bestimmend sein wird, sollte man sie treffender Münchner Kriegskonferenz nennen.


Es sei noch die Frage gestattet, ob dies wirklich Poroschenkos Krieg ist, der in der Ostukraine geführt wird? Ist es nicht eher ein Stellvertreter-Krieg? Wäre dieser Oligarch fähig, die Kraft zu einem Krieg aufzubringen, würde seine Regierung nicht durch die USA und andere westliche Staaten, auch Deutschland unterstützt? Niemals!


Es ist ein gefährliches Spiel, das sich auch die Berliner Eliten leisten. Die deutsche Politik hat längst Partei ergriffen: für Kiew, gegen die Menschen in der Ostukraine und gegen Moskau, für einen Krieg und gegen die Sicherheit in Europa.


Wen unterstützen das offizielle Berlin und seine Leitmedien? Einen skrupellosen Machtmenschen Poroschenko, der zunächst auf dem Rücken seiner Arbeiter ein Vermögen angehäuft hat und der nun als Präsident einen Teil seines Volkes beschießen, von Artilleriegeschossen zerfetzen lässt. 
Aber in Berlin scheint man Oligarchen seines Schlages zu mögen, vor allem wenn sie gegen den Kreml eintreten, ganz gleich ob aus einem Präsidentensessel oder aus der russischen Opposition wie Chodorkowski.


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Jürgen Heiducoff
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@ Jürgen Heiducoff

Ich finde Ihre Zuschrift ist eine wichtige, fachliche Erweiterung des Artikels. Vor allem die Rolle der OSZE wird hier in einen Kontext gestellt, der mir so nicht bekannt war. Und natürlich muss man Ihnen zustimmen: Ohne...

@ Jürgen Heiducoff

Ich finde Ihre Zuschrift ist eine wichtige, fachliche Erweiterung des Artikels. Vor allem die Rolle der OSZE wird hier in einen Kontext gestellt, der mir so nicht bekannt war. Und natürlich muss man Ihnen zustimmen: Ohne Rückhalt bei den USA würde sich Poroschenko nie so weit vorwagen. Die Frage ist, ob die USA wirklich einen Krieg mit Russland wagen wollen. Nicht, dass sie moralische Bedenken hätten. Aber die Nachschub-Linien sind wohl zu lang und das Risiko eines atomaren Kriegs sehr groß.

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Jens Unterbach
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