Schwarz? Farbig? Das ist man von Geburt. Es ist kein Verdienst schwarz zu sein. Aber eine wohlmeinende Öffentlichkeit hat aus der Hautfarbe des aktuellen amerikanischen Präsidenten einen Fortschritt destilliert, der sich scheinbar in den dämlichen Reaktionen eines besonders zurückgebliebenen Teils der USA zu bestätigen schien: Eigentlich sei "Hussein" Barack Obama ein heimlicher Islami, wahrscheinlich außerdem auch ein unheimlicher Sozialist. Ein deutsches Medien-Konglomerat ausgesuchter Dummheit hat aus der amerikanischen Blödheit einen Heiligenschein aus purer, vorgeblich neuer US-Demokratie gewoben. Und dann auch noch die Präsidenten-Gattin Michelle. Ring my bell! Und die reizenden Kinderchen. Und der entzückende Hund. Eine farbige Königsfamilie, fast so schön wie die Kennedys.

Nun kommt er nach Berlin, der Schein-Heilige eines vorgetäuschten amerikanischen Fortschritts. Was wird er sagen, der amerikanische Präsident, der in wenigen Tagen am Brandenburger Tor den Deutschen eine Rede halten wird? Isch bin ein Afghanistan-Kämpfer? Isch bin ein Guantanamo-Wärter? Isch bin Big Brother, watching you? Isch bin bald in Syrien? Natürlich nicht er selbst. Sondern nur seine Waffen. Und fast die gesamte deutsche Medien-Welt sagt: Endlich. Denn es wurde Giftgas in Syrien eingesetzt. Und es stimmt sogar. Nur von wem? Es gibt einen nachweisbaren Giftgas-Einsatz: Eine Sarin-Granate wurde auf das Dorf Khan al-Assal nördlich von Aleppo abgefeuert. Dort wohnen Schiiten, Anhänger des Assad-Regimes. Getötet wurden bei diesem Angriff auch drei Soldaten der regulären syrischen Armee. Warum sollte das Regime seine eigenen Leute umbringen? Ausgerechnet mit jenem Giftgas, von dem der US-Präsident warnte: Würde es eingesetzt, dann sei die "rote Linie" überschritten, dann müsse die USA in den Bürgerkrieg eingreifen. - Man darf das Asssad-Regime getrost für verbrecherisch halten, aber nicht für blöd.

Der US-Präsident könnte in den Berichten der türkischen Polizei nachlesen, dass nach dem Attentat im türkischen Grenzort Reyhanli Durchsuchungen bei Anhängern der Al-Nusra-Front, einem syrischen Ableger der Al-Qaida, zwei Kilo des Giftkampfstoffes Sarin gefunden wurde. Und wenn er sich dann auch noch referieren ließe, dass das berühmte Massaker im syrischen Ort Hula in die Kategorie "Massaker-Marketing" fällt, jene abscheuliche Mord-Methode, mit der die Rebellen ein Eingreifen des Westens in den Bürgerkrieg provozieren wollten, dann müsste er sich dreimal überlegen, ob er noch mehr Waffen in einen Krieg sendet, der nicht mit Waffen zu beenden ist. Aber der Präsident schickt Waffen. Denn die Russen haben einen Militär-Stützpunkt in Syrien. Während die Amerikaner im Nahen Osten kaum zehn Stützpunkte haben. Das kann ein amerikanischer Präsident natürlich nicht dulden.

Ein nahezu kompletter deutscher Medienchor tut so, als seien die USA bisher nicht in den syrischen Bürgerkrieg involviert. Als gäbe es keine CIA-Ausbilder bei den Rebellen, als würde die selbe Firma nicht die Waffenlogistik der Aufständischen steuern. Als könnte die Türkei den Rebellen Rückzugsräume ohne die Zustimmung der USA einräumen. Als dürften die arabischen Verbündeten der USA, insbesondere die Saudis und Katar, den Rebellen Geld und Waffen spenden, ohne sich mit dem Obama-Regime abzustimmen. Was als Bürgerkrieg begonnen hat, ist längst ein internationaler Konflikt geworden, in dem es um die Schwächung des Iran und um strategische Vorteile der USA und Israels geht. Dass dafür syrisches Blut fließt? Das liegt, liest man die einschlägigen Blätter, sieht man die üblichen Sender, ausschließlich an der Gemeinheit des syrischen Diktators.

Obama kommt nach Berlin. Ein Bündnis der Friedensbewegung will ihm seine Meinung sagen. Und weil die Web-Adresse des Berliner Bündnisses (http://www.friko-berlin.de/aktuell.html), sicher rein zufällig von der Suchmaschine Google blockiert wird (Warnung- erzählt Google - ein Besuch dieser Website kann Ihren Computer beschädigen!) hier die Daten des Aufrufes:

Demonstration und Menschenkette
am 17. 06. 2013 in Berlin

Auftakt um 17 Uhr am Bertolt-Brecht-Platz

Abschluss am Pariser Platz vor der US-Botschaft

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Was soll denn dieser Furor, Herr Gellermann? Und was haben Sie nur mit der Hautfarbe des amerikanischen Präsidenten?

Anke Bormann
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Leider hat mich Obama zu Beginn auch seiner Hautfarbe wegen für sich eingenommen: Der erste Farbige in diesem Amt, das schien mir ein Fortschritt zu sein. Falsch.

Uli Gellermann
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Was Sie vergessen haben: Isch bin ein Drohnen-Schütze. Isch bin ein bin-Laden-Henker. Isch bin nicht hope, isch bin nope!

Robert Angermann
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Für mich bereitet Obama mittlerweile dem Augenschein nach faschistische Strukturen vor. Im Herbst 2008 konnte man das mit ein wenig Analyse durchaus erwarten; dazu steht im Buch "Die Politisierung des Bürgers, 1.Teil: zum Begriff der Teilhabe" ,...

Für mich bereitet Obama mittlerweile dem Augenschein nach faschistische Strukturen vor. Im Herbst 2008 konnte man das mit ein wenig Analyse durchaus erwarten; dazu steht im Buch "Die Politisierung des Bürgers, 1.Teil: zum Begriff der Teilhabe" , erschienen im Januar 2009, das folgende:
"In der Politik springen liebeskranke Störungen geradezu ins Auge: Barack Obama weiß gar nicht, was er anrichtet, wenn er im US-Wahlkampf den Traum seiner großen Liebe zu Amerika, zum amerikanischen Volk, beschwört, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt, das es aber geben muss, damit alles möglich wird, was seine Phantasie ? seine geheime Welt ? sich so ausdenkt. Wir empfinden ihn schon jetzt als Drohung, noch ehe er Präsident der USA geworden ist, zumal er gar nicht wissen will, auf welchem Pulverfass er Politik macht. Ein Pulverfass, das die Amerikaner federführend produzieren und ? mit kleinen Unterbrechungen ? immerzu weiter produzieren, schon weil so etwas wie ?Volk? nichts weiter ist als reiner Mythos. Obama macht Politik auf der Basis einer Fiktion, schlimmer, eines Märchens, an das er, so steht zu befürchten, glaubt. Das geht vorhersehbar schief.
(...)
Barack Obama glaubt, dass die USA sich für nichts zu entschuldigen haben, denn sie wollen stets das Gute: im Irak, in Afghanistan (...)
Nach Obamas einheitsbeschwörendem Politikverständnis sind alle Amerikaner eine einzige große Familie, in der - wie in jeder netten Familie üblich - auch mal heftig gestritten wird. Diesem Verständnis zufolge verübt US-Präsident Bush keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nein, er macht Fehler, die er, Obama, korrigieren will. Dafür möchte er nun Präsident werden. Was für eine rührende Tellerwäschergeschichte."

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Franz Witsch
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Konfession: Ich beichte hiermit vor Ihnen und aller Öffentlichkeit, zu jenen unverbesserlichen RomantikerInnen gehört zu haben, die ein Tränchen im Auge hatten und nur noch schwarz sahen an jenem 5. November 2008, als Herr Barack Obama die Wahl...

Konfession: Ich beichte hiermit vor Ihnen und aller Öffentlichkeit, zu jenen unverbesserlichen RomantikerInnen gehört zu haben, die ein Tränchen im Auge hatten und nur noch schwarz sahen an jenem 5. November 2008, als Herr Barack Obama die Wahl zu seiner ersten Amtszeit gewonnen hatte. Zu meiner und der Entschuldigung vieler meiner Freunde darf ich aber mit gesenktem Haupt hinzufügen, dass es sich schon nicht ganz so schlecht anhörte, was dieser schwarze Mann damals im ersten Wahlkampf vor allem nach Bush W. so von sich gegeben hatte und mir und uns mitnichten eine deutsche Jubelpresse erst das niedliche Hündchen der Obamas verkaufen musste. Zudem darf ich weiterhin in aller Demut erwähnen, dass damals eine nicht unerhebliche Schar deutscher Konservativer aus Presse und Politik McCain präferiert hatte - und so auch von dieser Seite her die Sympathie für Obama ein kleines, hier reflexartiges Schübchen erhielt. Niemand von uns glaubte natürlich an eine Art "Linksruck" in den USA oder einen Antikapitalisten Obama, nein, aber ja, wir glaubten wohl an eine andere Handschrift, an ein Mehr an Grautönen in der US-Politik vom schwarzen Mann.
Ich erinnere mich angelegentlich auch noch gut an ein zufälliges Gespräch damals mit Bettina Gaus von der taz, die ich jetzt nicht zwingend als dämlich und der Mainstreampresse hündisch folgend charakterisieren würde; ihre Hoffnungen und auch kaum zu unterdrückende Begeisterung ob des Dunkelhäutigen aus dem Westen waren damals regelrecht ansteckend... Ob ihr das heute wohl peinlich ist, wenn sie Ihren Artikel liest?

Ihr Text insinuiert irgendwie im ersten Teil, dass Sie sich, lieber Herr Gellermann, im Gegensatz zu uns RomantikerInnen wohl zu keiner Zeit und Sekunde haben täuschen lassen von Mr. Obama und in beachtenswerter Voraussicht schon gewusst zu haben scheinen, zu welchem Blender und Täuscher sich dieser Mann transformieren würde.

Ich darf dafür meinen ehrlichen Respekt ausdrücken!
Doch vielleicht haben Sie es ja auch gar nicht so gemeint, dafür dann meine ehrliche Abbitte! Das alles las sich halt gerade einfach nur so unglaublich weit weg von Ihnen selbst und wie und wo Sie zu jener Zeit 2008 standen. Ein Halbsatz hätte ja diese Frage kurzerhand klären können.

Zum Syrien-Teil an selber Stelle vielleicht noch mehr. Für den Moment jedoch herzlichen Dank für das wieder unabdingbare klare Zurechtrücken der Fakten! Und für die Daten der Friedensdemo! Wir werden dabei sein!

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Reyes Carrillo
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Der erste farbige Präsident der USA: Allein das schien mir damals, 2008, Grund genug mich zu freuen. Zwar hatte er im Wahlkampf den Afghanistankrieg als den "seinen" erklärt (zumindest das habe ich in meinem ersten Artikel zu ihm geschrieben),...

Der erste farbige Präsident der USA: Allein das schien mir damals, 2008, Grund genug mich zu freuen. Zwar hatte er im Wahlkampf den Afghanistankrieg als den "seinen" erklärt (zumindest das habe ich in meinem ersten Artikel zu ihm geschrieben), aber er konnte doch nicht so verbohrt und gefährlich sein wie sein Vorgänger. Ich habe mich, aus einer romantischen Anwandlung heraus, geirrt. Das macht mich doppelt wütend, ich kann dem Mann meinen Sympathie-Fehler nicht verzeihen.

Immerhin machte ich meine Pro-Obama-Gefühle mit mir selbst aus. Mein wohlerworbener antiamerikanischer Reflex reichte 2008 für diesen Artikel: http://www.rationalgalerie.de/archiv/index_1_256.html zur öffentlichen Debatte.

Vielleicht sehen uns bei der Demonstration: Ich bin der ohne Haare auf dem Kopf und viel davon zwischen den Zähnen.

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Uli Gellermann
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Wiedermal ein ausgezeichneter Beitrag. Bermerkenswert, woher du immer die Fakten hast, die Gegeninformation ausmachen. Während sich die großen Zeitungen heute meist damit begnügen, die haarsträubenden angeblichen Indizien für Giftgaseinsatz der...

Wiedermal ein ausgezeichneter Beitrag. Bermerkenswert, woher du immer die Fakten hast, die Gegeninformation ausmachen. Während sich die großen Zeitungen heute meist damit begnügen, die haarsträubenden angeblichen Indizien für Giftgaseinsatz der syrischen Armee glaubhaft zu finden und keine eigenen Recherchen machen. Die Sperrung der website von friko ist ein Grund mehr für mich, am Montag zur Demo zu gehen. Wie es sich am 17. Juni gehört.

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Daniela Dahn
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Dank Dir für das großzügige Lob. Ich freue mich schon Dich bei BB zu treffen.

Uli Gellermann
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Ulli du schreibst immer besser, präziser. danke!

Jeanine Meerapfel
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Ich möche die Hinweise auf Ihren rassistischen Mist nicht mehr zugestellt bekommen.

Claus Peter Ortlieb
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Manchmal habe ich keine Lust mehr, Zeitung zu lesen oder nachzudenken.
Es ist frustrierend.
Vielen Dank, sehe das genauso.

Gisela Pietrzak
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Schon seltsam, den historischen Irrtum vieler Obama-Claqueure, in der Wahl eines schwarzen Präsidenten einen Hoffnungsschimmer auf Entbrutalisierung der US-Politik erblicken zu wollen (sowie deren Ernüchterung darüber) nun als "rassisitisch"...

Schon seltsam, den historischen Irrtum vieler Obama-Claqueure, in der Wahl eines schwarzen Präsidenten einen Hoffnungsschimmer auf Entbrutalisierung der US-Politik erblicken zu wollen (sowie deren Ernüchterung darüber) nun als "rassisitisch" gebranntmarkt zu sehen. War es doch eher die Enttäuschung von Antirassisten über die nahtlose Fortführung der Politikmuster des "stupid white man" durch diesen ihren "Hoffnungsträger", der die ansonsten wahlabstinenten Farbigen und Hispanos zu mobilisieren verstand, und dessen Präsidentschaft an sich schon als soziographische Zäsur in der nordamerikanischen Geschichte gelten konnte, - also das genaue Gegenteil von rassistischen Vorbehalten oder Ressentiments. Allerdings gibt es auch in der Umkehr so etwas wie "positiven Rassismus" etwa gegenüber Indigenen allgemein, bei Sarrazin gegenüber Juden, denen er ein "Intelligenz-Gen" andichtete, um sie auszuspielen gegen angeblich bildungsferne türkische oder arabische Orientalen. Dem Antisemitismus folgt der Philosemitismus auf dem Fuße und bestärkt und perpetuiert dessen Kriterien reziprok, erhält ihn dadurch indirekt (und im Einzelfall vielleicht auch ungewollt, in der Wirkung allerdings zuverlässig) am Leben. Jegliche positive Diskriminierung (gegenüber Frauen oder Schwulen beispielsweise) bleibt in den Denkschemata der ausgrenzenden oder hervorhebenden Etikettierung verhaftet und unterstellt den Objekten ihrer Bewunderung eine Prädestinierung zum "besseren" Menschen, mithin zu "guten Taten". Wird diese Erwartung dann nicht erfüllt, kann die Überhöhung leicht ins Gegenteil umschlagen. Daher also: Vorsicht vor wertezuweisenden Kategorisierungen nach Hautfarbe, Geschlecht, Herkunftsland oder Religion! Behinderte machen nicht zwangsläufig behindertenfreundliche Politik, Künstler nicht von Haus aus prima Kulturpolitik, Frauen mitunter desaströse Frauen- und Familienpolitik. Weltanschauung, politisches Programm und vor allem die nachprüfbare Praxis sind entscheidend für jemandes Beurteilung, nicht wohlfeile Wahlkampfversprechungen. Die Messlatte sollte an alle gleich angelegt werden. Schon der Slogan "Yes, we (s)can" hätte hellhörig machen können. Denn wer dem US-Patriotismus mit solcherlei Omnipotenz-Parolen huldigt, wie sollte der ihn jemals überwinden können oder überhaupt in Frage stellen wollen? Und selbst bei allerbestem Willen und lauterstem Wollen stünde den guten Absichten eines noch so ambitionierten Kandidaten ein stramm zementierter Administrations-Apparat und eine beinharte Opposition gegenüber, die auch die minimalsten und sinnvollsten Vorhaben ausbremsen und jedem Ansatz zur Veränderung frontal gegensteuern können, bis nichts mehr von den Intensionen des Amtsinhabers übrig bleibt. Wer es bis zur präsidialen Kandidatur geschafft hat, ist ohnehin schon gut abgeschliffen und domestiziert, egal, woher er kommt. Bei sozialen Aufsteigern ist die Gefahr der Anpassung an das "Machbare" allemal latent. Oft kommt noch ein gesteigertes Profilierungs-Bedürfnis hinzu wie bei Gerhard Schröder. Obama beweist eines mit Sicherheit: Der "mächtigste" Mensch der Welt ist letztlich ein hilfloser Diener und machtloser Gefangener seines Systems, auch wenn er scheinbar in unumschränkter Machtfülle zu agieren berufen ist. Er repräsentiert die Herrschaft der wirklich Mächtigen. Er präsentiert die Intensionen seiner Förderer und Spender, die Interessen der jeweils vorherrschenden Kapitalfraktion. Er präsidiert nur deren geschäftsführendem Ausschuss, ihrem Staat. Hoffnung keimt nur von unten, nicht von der Spitze her. Ich persönlich habe mich der hiesigen Obama-Besoffenheit nie ergeben. Dennoch erschien der Wahlsieg des Demokraten auch mir zunächst als ersehntes und verdientes Ende der Bush-Ära. Weit gefehlt! Nicht einmal seinen Wahlkampf-Schlager, Guantanamo zu schließen, konnte er einlösen. Viel weniger Einfluss auf den Gang des US-Imperialismus haben auch wir nicht, wo es ums Eingemachte geht. Das Mehrheitswahlrecht krankt zudem an dem Geburtsfehler, dass das Zwei-Parteien-System ein Aufkommen neuer Strömungen und Parteien a priori nicht zulässt, jene umgehend als Mehrheitsbeschaffer absorbiert und ausschaltet, was es zwar insgesamt stabil im Sinne der Herrschenden, aber nicht reformfähig im Sinne der in zunehmendem Umfang "illegalen" Bevölkerung macht. Die Innovationsfähigkeit der US-Demokratie tendiert daher zwangsläufig gegen Null, sie gilt bald nur noch für die Eliten. Kein Wunder, dass es mit ihr bergab geht. Ihre immanent programmierte Aushöhlung mangels innerer Erneuerungsmöglichkeit wird im starren Sicherheitsregime und letztlich auf breiter Front im Unrechtsstaat enden, wenn nicht starker außerparlamentarischer Gegenwind aufkommt und eine grundlegende Neuorientierung erzwingt. Darauf sollten wir unsere Hoffnung setzen, nicht auf Obama. Denn es kann uns nicht egal sein, wohin der Siedlerkolonialismus jenseits des großen Teichs driftet. Jede Havarie erzeugte gigantische Strudel.

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Wolfgang Blaschka
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ANTWORT AUF DEN LESERBRIEF VON WOLFGANG BLASCHKA:

Lieber Herr Blaschka,

ein paar Anmerkungen zu einem Teil Ihres Kommentars. Schön, dass Sie nun für uns Leser und Leserinnen noch einmal viele der Gründe vorgetragen haben, die sowieso und...

ANTWORT AUF DEN LESERBRIEF VON WOLFGANG BLASCHKA:

Lieber Herr Blaschka,

ein paar Anmerkungen zu einem Teil Ihres Kommentars. Schön, dass Sie nun für uns Leser und Leserinnen noch einmal viele der Gründe vorgetragen haben, die sowieso und überhaupt dagegen gesprochen hatten, auf Mr. Obama (und generell jeden Präsidentschaftskandidaten der USA) ganz allgemein irgendwelche positiven Assoziationen projiziert gehabt zu haben. Es wird Sie verblüffen, aber genau so sah und sehe ich dies auch - selbstverständlich auch 2008. Es gibt nicht eine Stelle in Ihrem Text dazu, die ich nennenswert kontrastierend zu Ihrer Position erleben würde. Nichts. Im Gegenteil: Ich (und mit mir viele andere) waren genau so wenig wie Sie irgendwelche "Obama-Claqeure" noch hatten wir uns in eine "Obama-Besoffenheit" gezecht. Nein, "wir glaubten wohl an eine andere Handschrift, an ein Mehr an Grautönen in der US-Politik vom schwarzen Mann", wenn ich mich hier selbst zitieren darf, und freilich nicht an einen "Linksruck" in den USA oder einen Antikapitalisten Obama". In meinem Kommentar ist dann zusätzlich noch ein Hinweis darauf zu finden, dass obige Hoffung selbstverständlich in einer Vergleichslinie zu Vorgänger George W. Bush zu sehen ist. Kurzum: Ich halte diese Hoffnungen - meine Selbstbewertung zitierend - für einen Romantizismus, jedoch Welten entfernt von dem von Ihnen verwendeten klar pejorativen Begriff des "Claqeurs" oder gar "Besoffenen". Ich frage deshalb: Warum in aller Welt sehen Sie sich genötigt, jede leise und schüchterne Obama-Hoffnung aus dem Jahr 2008 via solcher Begriffskeulen dem neoliberal-atlantischen Jubel-Mainstream jener Zeit gleichstellen zu müssen und verzichten auf jede Differenzierung? Zuzüglich Ihres, sagen wir, nicht zwingend unbescheidenen Duktus' stört mich das dann doch etwas und ich distanziere mich klar von dieser ungerechtfertigten Subsumierung. Denn es gab ja schließlich tatsächlich auch diese - nicht marginal zu nennende Gruppe - jener Linker (in aller Welt), die diese bescheidenen Hoffnungen und/oder Gespinste hatten und sich nicht mal so zu jenen (ebenso weltweiten) Claqeuren zählen lassen. Was meinen Sie, was damals, 2008, gerade in meiner Heimat Argentinien und generell auf jenem Kontinent los war und ich dort allenthalben auf stramme, aufrechte, verdiente, genuin knallharte und ansonsten geradezu subkutan desillusionierte (USA) Linksrecken Und Linksreckingen mit hoffnungsvoll leuchtenden Augen getroffen war? Arme trunkene Claqeure?
Selbstverständlich freut es mich für Sie (wie auch für Herrn Gellermann und jede und jeden anderen), die sich damals durch nichts und niemanden haben täuschen lassen für Ihre unbestechliche Klarsicht, oder besser gesagt, für Ihre Immunität der politischen Romantik gegenüber. Und weit mehr: Ich beneide Sie natürlich alle!
Andererseits: Ohne diesen Schuss Irrationalität möchte ich persönlich nicht leben wollen, kaum auszuhalten!

Den Abschnitt, in dem Sie sich Rassismus und Diskriminierung widmen finde ich übrigens absolut prima!

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Reyes Carrillo
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