Den Hirntod hat Frankreichs Präsident Macron der NATO attestiert. Tatsächlich wies der Beinahekrieg zweier NATO-Mitglieder, der USA und der Türkei, alle Züge eines Hirntods des Militärbündnis auf: Der Körper, also die Truppen, bewegte sich noch, aber jene Gehirnaktivitäten, die den Bewegungen Sinn und Ziel verleihen, waren offenkundig abgeschaltet. Die türkischen NATO-Truppen versuchten die kurdischen Verbündeten der US-NATO-Armee zu vernichten.

Ein russischer Revolutionär, W. I. Lenin, hat vor langer Zeit über den Imperialismus formuliert, der sei nichts anderes als sterbender Kapitalismus. Nun scheint der Kapitalismus lebendig wie immer: Produktionsrekorde, Konsumtionsrekorde und die Beherrschung der Welt durch eine mächtige, extrem gefährliche US-Armee scheinen einem baldigen Tod des Gesellschafts-Systems entschieden zu widersprechen. Und doch sind Lenin und Macron nicht völlig von der Wirklichkeit entfernt.

Geht es um das Sterben, herrscht das Bild eines schnellen Verlöschens vor: Der Infarkt, das abrupte Ende. Doch der Tod hat viele Erscheinungsformen. Nicht selten ist er langsam und quälend. Das Sterben des modernen Kapitalismus in Form des NATO-Imperialismus ähnelt eher dem Zombie-Zustand. Die NATO ist der klassische Untote: Scheinbar lebendig laufen grauenerregende Figuren durch die Straßen der Welt und halten sich nur dadurch noch aufrecht, dass sie Menschen fressen. Zombies.

Erst jüngst in Berlin hat der US-Außenminister den Russen und Chinesen den Kampf angesagt. Am Jahrestags des Mauerfalls bezeichnete Pompeo die beiden Länder als "Regime, für die dieser Jahrestag eine angsterfüllte Warnung ist und kein Grund zum Feiern". Und damit jeder weiß, wovor man Angst haben sollte, warnt er die NATO-Mitglieder: "Wenn Länder glauben, sie könnten die Sicherheitsgarantien der NATO in Anspruch nehmen, ohne ausreichend Geld dafür zu geben, ohne die eigenen Zusagen zu erfüllen, dann kann die NATO schon obsolet werden."

Obsolet, überflüssig, hört sich geradezu niedlich an. Als ob die NATO-Staaten nur die Zahlung einstellen müssten, um dann fröhlich und bar jeder Verpflichtung das Bündnis verlassen zu können. Doch schon auf dem Weg zum angeblichen Ende der NATO frisst der Zombie die Völker bei lebendigem Leib: Zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes verlangt der Untote, damit er weiter die Welt bedrohen kann. Allein in Deutschland wären das 60 Milliarden Euro. Das frisst Schulen, Straßen, Krankenhäuser und letztlich die Patienten selbst.

Hirntod: Jüngst stand die Rüstungministerin in München vor rund 500 Angehörigen der Universität der Bundeswehr und schrillte in die Luft: "Wir erleben autoritäre Herausforderungen gegenüber unserer offenen Gesellschaft." Gemeint waren Russland und China. Und um Mißverständnisse zu vermeiden: "Wir sind zum Beispiel der zweitgrößte Truppensteller bei der Mission in Afghanistan." Und weiter: "Denn natürlich hat Deutschland wie jeder Staat der Welt eigene strategische Interessen. Zum Beispiel als global vernetzte Handelsnation im Herzen Europas."

So ist das bei Zombies: Der Mund redet noch, die Gehirnfunktion ist längst weg. Keine gesunder Mensch würde die Offiziere der eigenen Armee zur Gefolgschaft mit den USA im Kampf gegen Russland und China aufrufen. Kein funktionierendes Gehirn würde den Gedanken an einen Handelskrieg an der Seite der USA denken: Den Krieg mit dem Iran zum Beispiel, der in Vorbereitung ist. Der Krieg um die Straße von Hormus.

Doch der deutsche Zombie, angesteckt von den USA, geht weiter: "Unsere Partner im Indo-Pazifischen Raum – allen voran Australien, Japan und Südkorea, aber auch Indien – fühlen sich von Chinas Machtanspruch zunehmend bedrängt. Sie wünschen sich ein klares Zeichen der Solidarität." Kramp-Karrenbauer hetzt die Offiziere auf, den Machtanspruch der USA im Pazifischen Raum mit "Solidarität" zu begleiten. Mit jener Solidarität, die Leib und Leben kostet. Mit jener Solidarität, die in Afghanistan längst zu Tode geritten ist und bei der Ministerin immer noch einen kranken Stolz auf den "zweitgrößte Truppensteller" auslöst.

Die NATO ist der höchste Ausdruck des sterbenden Kapitalismus, eines Systems, das seine Profite mit Krieg und Kriegsandrohung erzielt. Ein System, das seine Staaten bei lebendigem Leib auffrisst. Ein System, das die atomare Vernichtung der Erde riskiert, um die eigene Herrschaft bis zum Ende des kapitalistischen Horrorfilms zu zementieren.

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Es ist schon erstaunlich, dass der französische Premier zu einer ähnlichen Erkenntnis kommt wie Lenin. Auch wenn der gar nicht weiß, dass der Hirntod der NATO mit dem Sterben des Kapitalismus zu tun hat.

Jay Klinger
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Die NATO als Zombie zu qualifizieren ist eine sprachliche und analytische Meisterleistung. Danke.

Hella Bauer
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Genial, von Macron zu Lenin! Ja, darauf kommt es an. Nicht nur an der Oberfläche plätschern, sondern zum Kern der Dinge und Verhältnisse vordringen. Der Galerist zeigt uns in diesem Zusammenhang erneut deutlich, was wesentlich ist. Und vor allem,...

Genial, von Macron zu Lenin! Ja, darauf kommt es an. Nicht nur an der Oberfläche plätschern, sondern zum Kern der Dinge und Verhältnisse vordringen. Der Galerist zeigt uns in diesem Zusammenhang erneut deutlich, was wesentlich ist. Und vor allem, was den Kern derzeitiger deutscher Politik darstellt. Unbedingte Vasallentreue gegenüber den vollkommen egozentrisch agierenden USA. Ohne auch nur die Andeutung der Frage, ob denn das alles in deutschem bzw. europäischem Interesse wäre. Man könnte auch sagen, blinde Gefolgschaft, aber auf die Benennung kommt es wirklich nicht an. Sondern darauf zu erkennen, daß dieser Weg geradewegs in das Verderben führt.

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Otto Bismark
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Deutlicher und prägnanter kann man das zerstörerische Wesen der westlichen UnWertegemeinschaft nicht beschreiben! Danke, Uli Gellermann!

Helene+Ansgar Klein
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Den Kabalen-Agenten Lenin als Revolutionär zu bezeichnen ist etwas vom Lächerlichsten was ich je gelesen habe...

Dude Weblog
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Interessante Meinung, leider völlig frei von Argumenten und weit vom Thema entfernt.

Uli Gellermann
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ZOMBIES STILL ALIVE
FRAGE AUS DER ZOMBIEWELT
AN DEUTSCHLAND UND DIE NATO

Schröpfen, schröpfen, schröpfen!
Das spukt in euren Köpfen!
Ihr seid kein alter Wodukult.
Der wär noch zu ertragen.
Hier wird urinscharf ausgestrullt
Der Saft aus braunen Tagen.

Sep...

ZOMBIES STILL ALIVE
FRAGE AUS DER ZOMBIEWELT
AN DEUTSCHLAND UND DIE NATO

Schröpfen, schröpfen, schröpfen!
Das spukt in euren Köpfen!
Ihr seid kein alter Wodukult.
Der wär noch zu ertragen.
Hier wird urinscharf ausgestrullt
Der Saft aus braunen Tagen.

September neununddreißig,
Im Übermut deutschfleißig,
War gleich der Schluss mit eingekauft.
Drum fragt das Weltgewissen -
Auch wenn ihr euch die Haare rauft:
Hat Adolf euch gebissen?

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Lutz Jahoda
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Das ach so realistisch beschriebene Horrorszenarium macht für mich in der Tat das NATO-Damoklesschwert, jetzt gepaart mit den Machtfantasien von AKK und v.d. Leyen samt deren "Berater" - immer noch sich steigernd - erschauernd spürbar. Schon...

Das ach so realistisch beschriebene Horrorszenarium macht für mich in der Tat das NATO-Damoklesschwert, jetzt gepaart mit den Machtfantasien von AKK und v.d. Leyen samt deren "Berater" - immer noch sich steigernd - erschauernd spürbar. Schon lange geht dieser Prozess der Zerstörung.

Ich bin dem Galeristen dankbar, dass er ihn mit Worten so deutlich zugespitzt erfahrbar macht. Eine REAL-Satire, bis zu welchem Ende??
Ich habe immer die grundlegende Feststellung Fidel Castros von 2014 vor Augen: "Russland und China sind berufen, eine neue Welt anzuführen, die das Überleben der Menschheit ermöglichen würde, wenn der Imperialismus nicht vorher einen kriminellen Ausrottungskrieg entfesselt."

Die Kampagne "Nato raus-raus aus der Nato" setzt in meinen Augen genau richtig an. Darf ich hier einen Link dazu setzen? http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26305.
Deutsche wieder voll mit dabei. "Deutschland, Europa über alles, über alles in der Welt" transatlantisch vernetzt.

Wie gut Uli, dass wir deine Galerie haben. Wahre Worte können auch zu einer gewissen Erleichterung führen hinsichtlich eines angeschlagenen Befindens auf Grund des alltäglichen Irrsinns.

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Elke Zwinge-Makamizile
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Zum Artikel: Klartext, präzise, auf den Punkt, ohne Beschönigung. Danke!

Allgemein: Bin zum ersten mal auf dieser Seite. Kenne U. Gellermann bisher nur von der "Macht um Acht" bei KenFM. Reden kann er gut, schreiben kann er sehr gut!

Rolf Dr. Henze
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Lenin charakterisierte 1916! den Imperialismus als Folge der globalen kapitalistischen Entwicklung. Kapitalismus, Imperialismus, Gewalt, Krieg - ein untrennbarer Zusammenhang.

Wem die Parallelen zur Gegenwart nicht auffallen, dem ist nicht zu...

Lenin charakterisierte 1916! den Imperialismus als Folge der globalen kapitalistischen Entwicklung. Kapitalismus, Imperialismus, Gewalt, Krieg - ein untrennbarer Zusammenhang.

Wem die Parallelen zur Gegenwart nicht auffallen, dem ist nicht zu helfen.
Dem Galeristen ist zu danken.

Weiterlesen
Ralf Thielken
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r.thielken
hat recht, dass er des galeristen zitat auf das jahr 1916 datierte: just als sich NUR kap. staaten im 1.wk an die gurgel gingen!
ABER:
- lenin sprach vom "besonderen historischen Stadium des Kapitalismus. Diese Besonderheit ist eine...

r.thielken
hat recht, dass er des galeristen zitat auf das jahr 1916 datierte: just als sich NUR kap. staaten im 1.wk an die gurgel gingen!
ABER:
- lenin sprach vom "besonderen historischen Stadium des Kapitalismus. Diese Besonderheit ist eine dreifache: der Imperialismus ist 1. monopolistischer Kapitalismus; 2. parasitärer oder faulender Kapitalismus; 3. sterbender Kapitalismus."
genau in dieser chronologie wie auch kausalität!!
- ursächlich setzte sich lenin mit dem "Zusammenhang zwischen dem Imperialismus und jenem ungeheuerlich widerwärtigen Sieg, den des Opportunismus (in Gestalt des Sozialchauvinismus) über die Arbeiterbewegung in Europa" auseinander!!!
und dies erklärt, warum die welt so ist, wie sie ist!!
seit clausewitz, lieber galerist, ist das militär nur der verlängerte arm von politik, wenn die WIRTSCHAFT in freier konkurrenz nicht weiter kommt!!
und deshalb. lieber o. bismark widerspreche ich ihnen! "Unbedingte Vasallentreue gegenüber den vollkommen egozentrisch agierenden USA." ist eben NICHT "Kern derzeitiger deutscher Politik"! nach "america first" MUSS "germany first" folgen. die 2% vom bip gibt es nur, wenn DEUTSCHE waffen gekauft werden, weil dies die "nationalen" wirtschafts- und damit "sozial"systeme am laufen hält!! waffenproduktion und krieg, um KV und RV zu bezahlen. hoffentlich fremdes blutvergiessen und dennoch streit um eine grundrente: und körperpflege im altersheim (wenn sie oder ihre sippe sich das dann leisten können) machen dann die kriegsflüchtlinge der heutigen politik:)
das IST faulend und parasitär - und wird sterben! die "wiedervereinigung" demonstrierte doch, wie sich imperialismus auswirkt. 1989ff zeigten doch, wie eine vom absatzMANGEL geplagte westwirtschaft schnell mal eine wirtschaftskraft wie belgiens assimilierte!! und der hunger ist seit dem nicht kleiner geworden;)
um bei lenin zu bleiben: dies alles ist nur/auch möglich, weil durch die monopolisierung cupon-schneider und die sozialchauvinistische arbeiteraristokratie entstanden!!
und zuletzt: dimitroff definierte eine "... Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals? als Faschismus!! fehlt nur noch der terror nach innen und aussen!!??
faschismus hat kein braunes hemd mehr, sondern trägt "weiter-so" am revers!!

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