Da tagten sie nun wieder, die sieben Götter, G-7 genannt, diesmal in Lübeck. Am ersten Tag hatten die Außenminister der beteiligten Länder mit allen wichtigen Fragen noch warten müssen: Der Ober-Gott am Firmament des imperialen Wahns, John Kerry, der Außenminister der USA, kam einen Tag später. Auf der Tagesordnung stand der Ukraine-Konflikt. Nicht auf der Tagesordnung stand die Wiederaufnahme Russlands in den Kreis der Erlauchten. Auf der Agenda war, als eine deutsche Initiative, der Punkt "Maritime Sicherheit" zu lesen. Auch nicht zur Diskussion stand die Sicherheit der vielen, vielen Flüchtlinge, von denen einige ziemlich regelmäßig im Mittelmeer ertrinken. Gerade erst wieder vor der Küste Libyens.

Libyen: Das war einmal ein Staat mit wenig Demokratie, aber mit vielen Frauenrechten, vielen Arbeitsplätzen und nationalisierten Ölgesellschaften. Nach der Befreiung des Landes von seinem Recht am eigenen Öl durch eine Koalition der Böswilligen, geführt von den USA, hat sich in Libyen ein neues Geschäftsfeld aufgetan: Rund 1.000 Euro pro Person kostet ein Platz im Boot für die Flucht aus der Armut nach Europa oder in ein nasses Grab. Wenn die Fluchtwege in die USA nicht zu weit wären, stünde das Thema sicher auf der Lübecker Tagesordnung. Und sicher wüsste die US-Armee auch eine Lösung für das Problem: Irgendwas und irgendwen bombardieren, das hilft nach Meinung der USA immer.

An der Spitze der weltweiten Flüchtlings-Statistik stehen die Länder Afghanistan (etwa 2,5 Millionen Flüchtlinge in 2014) und Syrien (ungefähr 2,4 Millionen laut UNHCR). Natürlich wäre es einfältig, den Eliten in diesen Ländern jede Verantwortung für das Schicksal ihrer Völker abzusprechen. Aber ohne die USA - das könnten sogar deutsche Politiker wissen, wenn sie es denn wissen wollten - gäbe es in Afghanistan deutlich weniger Gründe für die Flucht. Und die Finanzspritzen, die Waffenlieferungen und die organisatorische Hilfe der USA und ihrer Verbündeten haben den Bürgerkrieg in Syrien zu jenem Monster gemacht, das wir Tag für Tag in den Nachrichten beobachten dürfen. Ähnlich wie im Fall Libyen galt es der deutschen Medien-Öffentlichkeit als hehres Ziel, Syrien von einem Diktator zu befreien. Das Ergebnis: Jeden Tag werden in Syrien mehr Menschen vom Leben in den Tod befreit.

Ein allgemeines deutsches Geschwätz über Flüchtlinge und Zuwanderer - de Maizière will nur die Besten, Pegida gar keine, zwei Seiten eine menschenfeindlichen Medaille - lässt die wirklichen Flüchtlings-Lastenträger außen vor: Der arme Libanon schultert - gemessen an seiner Bevölkerungszahl - den größten Anteil an Flüchtlingen überhaupt: Auf 1000 Einwohner kommen 178 Flüchtlinge. Pakistan ist das Land, das die absolut meisten Flüchtlinge weltweit aufnimmt, fast alle stammen aus Afghanistan. Im Iran sind die 857.400 Flüchtlinge, ebenfalls fast ausschließlich Afghanen. Alles kein Thema in Lübeck. Und auch der wichtige Gesprächspartner für den arabischen Raum, Russland, bleibt außen vor. Obwohl selbst der beschränkte Berliner Verstand wissen könnte, dass man Konflikte durch Gespräche löst, nicht durch Säbelrasseln.

Ob Steinmeier mit der "Maritimen Sicherheit" die NATO Flotten-Manöver in der Ostsee und dem Schwarzen Meer gemeint hat? Den aktuellen Stand der Konfliktlösung überlassen die 7 Götter ohnehin der NATO und ihren Propheten. Erst jüngst hat der ehemalige Nato Oberkommandierende, US-General Wesley Clarke, mal wieder über die Gefahr aus Moskau reden dürfen: Eine russische “Frühjahrsinitiative" stünde auf der Tagesordnung. Das will Clarke mit seinen Militärexperten nach Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko, dem Generalstabschef Viktor Muzhenko und anderen ukrainischen Militärs erfahren haben. Wer keine sauberen Quellen hat, sollte lieber Duschen gehen. Allerdings darf man sicher sein, dass deutsche Medien den Mann auch dann begleiten würden.

Was immer über das Lübecker Treffen berichtet wird: Es ist weder die Sendezeit noch das bedruckte Papier wert, wenn das Wort "Flucht" nicht vorkommt: Jene Flucht vor der Verantwortung gegenüber den Konflikten, die nicht wenige der G-7-Teilnehmer selbst verursacht haben.

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Es ist die klar Sprache, die ich an der Rationalgalerie so schätze, die lauter Wahrheit verbreitet. Die Götter tagten und waren doch auf der Flucht: Genauer geht es nicht!

Gert Gerritsen
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Für mich waren die Flüchtlingszahlen wirklich überraschend. Bei uns wird ein Geschrei über die paar Flüchtlinge gemacht und die wirkliche Last tragen Länder wie der Libanon. Unglaublich!

Annegret Hechinger
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"G-7" = UN-RAT der GÖTTER!

Hans Jon
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Was gerne verschwiegen wird: Die angrenzende Türkei hat längst die Millionenmarke an syrischen Flüchtlingen überschritten, die sie aufgenommen hat. Und weil das ja nicht von heute auf morgen aufhört kann man davon ausgehen, dass ständig syrische...

Was gerne verschwiegen wird: Die angrenzende Türkei hat längst die Millionenmarke an syrischen Flüchtlingen überschritten, die sie aufgenommen hat. Und weil das ja nicht von heute auf morgen aufhört kann man davon ausgehen, dass ständig syrische Familien ins Lang gelangen. Ich hab nirgendwo gelesen, dass der "skrupelose" Erdogan und die türkische Regierung der Weltgemeinschaft bisher "kompensatorische" Forderungen weder gestellt- oder sonst wie eingefordert hätte.

Apropos: der von unseren Leitmedien verhätschelte Poroschenke hat offenbar zusammen mit seinen Kompagnons ein "Kriegsrecht" erlassen, das einem die Schuhe auszieht (aber das kann bei uns hier in D. nicht passieren, weil´s niemand mitbekommt): "Poroschenkos Kriegsrecht Nr. 2541: Zensur, Arbeitsdienst, Lager?"
http://hinter-der-fichte.blogspot.de/2015/04/poroschenkos-kriegsrecht-nr-2541-zensur.html

Harmut Beyerl hat diesen "Maßnahmenkatalog" akribisch aufgelistet und kommentiert. Sollten diese Informationen der Wahrheit entsprechen - wäre das der endgültige Beweis dafür, dass unsere Pro-Kiew orientierten Bndestagsabgeordneten waschechte Faschisten unterstützen. Ich weiß jetzt nicht, ob ich weinen oder kotzen soll!

Kein Wunder, dass in Abständen Novemberrevolutionen ausbrechen, sach ich nur!
(http://de.wikipedia.org/wiki/Novemberrevolution)

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Kay Macke
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Ach, lieber herr Gellermann, wie recht Sie wieder haben! Die Debatten triefen vor Heuchelei, wenn man davon ausgeht, dass die Herren den Zusammenhang zwischen Kriege initiieren und mit neuesten Waffen ausführen und der anschließenden Flucht...

Ach, lieber herr Gellermann, wie recht Sie wieder haben! Die Debatten triefen vor Heuchelei, wenn man davon ausgeht, dass die Herren den Zusammenhang zwischen Kriege initiieren und mit neuesten Waffen ausführen und der anschließenden Flucht vieler Hunderttausender Menschen erkennen. Aber erkennen sie das? Vielleicht ist das zu viel verlangt von unseren Ministern, denn es sind ja unterschiedliche Ressorts: Die Außenpolitik und die Verteidigungspolitik sind ja nicht für Flüchtlinge zuständig, sondern die Innenpolitik....

Ein Nachfrage: Waren es in Libyen wirklich die USA, die den Krieg angezettelt hatten? Ich hatte in Erinnerung, dass die USA sich da in Erkenntnis interessanterweise zurückgehalten hatte und dass es die Franzosen waren, die auch mal - wem auch immer - zeigen wollten, dass sie zu den Großmächten gehören und die "Verantwortung" für die maghrebinischen Länder nicht aufgeben wollen,

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Reinhard Blomert
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Sie haben Recht: Sarkozy und der unsägliche BHL taten so, als seien sie die Kriegsherren. Aber die Zwerge standen nur auf den Schultern des Rüstungs-Riesen USA: Frau Clinton erklärte diesen Krieg als den ihren.

Uli Gellermann
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Der Begriff "Götter" ist für diese Zeitgenossen allerschlimmste Blasphemie. Es handelt sich um übelste Schwerstverbrecher.

Manfred Caesar
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Diesen großartigen Text sollte man den Verantwortlichen um die Ohren klatschen...

Detlev Blanke
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Diese sich selbst beweihräuchernden G7 bieten ungewollt den guten Nährboden für neue Formen internationaler Zusammenarbeit! Russland kann sich überlegen, dahin zurückzuwollen und den derzeitigen Status quo als Omen zu erkennen.

In die gleiche...

Diese sich selbst beweihräuchernden G7 bieten ungewollt den guten Nährboden für neue Formen internationaler Zusammenarbeit! Russland kann sich überlegen, dahin zurückzuwollen und den derzeitigen Status quo als Omen zu erkennen.

In die gleiche Richtung gerechterer Zusammenarbeit gehen die Bewegungen BRICS, Gipfel der lateinamerikanischen Staaten, endgültige Entkolonialisierung, Eurasische Union, Asiatische Bank für Infrastrukturinvestitionen u.ä.m.

Auch europäische und besonders deutsche Politiker sollten den Zahn der Zeit erkennen, wie ihn Morales in auffordernde Worte fasste: "Wir wollen in Frieden leben. Wir fordern die USA auf, die Zerstörung von vollständigen Zivilisationen zu beenden. ... Präsident Obama, hören Sie auf, auf der Welt wie auf einem einzigen großen Schlachtfeld zu kämpfen! Beenden Sie die Einteilung der Welt in Freund und Feind."
Die Tage der G7 sind gezählt. Deren verzweifeltes Umsichschlagen muss Einhalt geboten werden.

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Manfred Ebel
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Lieber Uli, was täte ich bloß ohne Deine Kommentare?

Florence Garnier
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G 7 - 7 G schniegelte und G bügelte auf der Flucht vor der Verantwortung.
Flucht vor der Verantwortung für Flüchtlings-Tragödien, für Völkermord-Tragödien, für nachhaltige Traumatisierungen, für die Zerstörung von Mensch, Natur und Kultur.
- Wer...

G 7 - 7 G schniegelte und G bügelte auf der Flucht vor der Verantwortung.
Flucht vor der Verantwortung für Flüchtlings-Tragödien, für Völkermord-Tragödien, für nachhaltige Traumatisierungen, für die Zerstörung von Mensch, Natur und Kultur.
- Wer könnte für solche Verbrechen die Verantwortung übernehmen?
Also sind die 7 modischen Polit-Ganoven
auch auf der Flucht vor sich selbst, wie könnte es anders sein?
- Ein Beispiel spricht Uli Gellermann in seiner Replik an Reinhard Blomert an: Frau Clinton, Ehefrau von Herrn Clinton. Zu diesen Herrschaften gibt es für Englisch-Sprechende zwei heftige Dokus im Internet. Das schreibe ich aus aktuellem Anlaß, die beiden dräuen wieder über dem fortschreitenden Niedergang des Hegemons,
als Comeback mit vertauschten Rollen.

https://www.youtube.com/watch?v=9IOpbj8ajZs#t=42

https://vimeo.com/44168052

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Benny Thomas Olieni
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