Aus dem Finanzministerium kommt der neue Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND). Ob er den Dienst privatisieren soll? Denn Privatisierung war bisher der Job von Ministerialdirektor Bruno Kahl, dem engen Vertrauten von Wolfgang Schäuble, dem Mann mit dem Koffer. Bruno Kahl hat Stallgeruch. Seit 35 Jahren ist der Bundeswehr-Reserveoffizier bei Übungen zuständig für die Beurteilung der Feindlage, der Nachrichtengewinnung und der Feind-Aufklärung. Schon als Schäubles Büroleiter, zu dessen Innenminister-Zeiten, bastelte Kahl an Geheimdienstkonzepten. Der gerichtsnotorische Dr. Schäuble, auferstanden aus der CDU-Spendenaffäre, heimlicher Reservekanzler und unheimlicher Sicherheits-Dirigent der CDU wird eher nicht privatisieren wollen. Geht es um die „Dienste“ ist Schäuble der Mann für die Staats-Sicherheit.

Immer noch schwärt die Aufklärung der Nazi-Vergangenheit des BND: Er wurde von Reinhard Gehlen, Generalmajor der Wehrmacht, Abteilung Fremde Heere Ost und einer Gruppe von SS-Leute mit dem Wohlwollen des US-Geheimdienstes gegründet. Rechtzeitig, bevor eine unabhängige Kommission sich mit der Geschichte des Dienstes genauer befasste, wurden 2007 jede Menge Dokumente vernichtet, die den Bezug zur NS-Zeit hätten detaillieren können. Auch die „Stay-behind-Affäre“ – die Aufdeckung der BND-Kontakte zur NATO-Gladio-Geheimorganisation – wurde bisher ebensowenig aufgeklärt, wie die Beziehungen des BND zum München Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980. Und immer noch dräut die Schäuble-Warnung vor einem Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes im Irak: Ein solches Gremium würde sich "nicht um die Sicherheit, sondern um die Sicherheitsbehörden kümmern und so wichtige Kräfte binden“.

Bruno Kahl mag ein nur wenig beschriebenes Blatt sein, sein Herr und Meister, der düstere Dr. Schäuble ist es nicht. Schon 1999 war er die Triebfeder jener hessischen CDU-Kampagne gegen die „Doppelte Staatsbürgerschaft“, die dem Wahlkämpfer Roland Koch zugeschrieben wurde. Deren xenophobischer Hasston, damals von Schäuble inspiriert, reicht bis heute zur AfD. Es war Schäuble, der an der Enteignung der DDR-Bürger zugunsten westdeutscher Konzerne über den „Einigungsvertrag“ – den er gemeinsam mit dem betrügerischen DDR-Reisekader Günther Krause aushandelte – führend beteiligt war. Der selbe Schäuble, der 1994 den Koffer mit einer Bar-Spende von 100.000 D-Mark von einem Waffenhändler entgegennahm. Jener Schäuble, der die Änderung des Grundgesetzes verlangte, um die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und im selben Jahr Internierungslager für sogenannte „Gefährder“ forderte. Nachdem er zuvor vorgeschlagen hatte, die Aussagen von Gefolterten bei der Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden zu verwenden. Es ist genau dieser völlig unbelehrbare Schäuble, der im März 2014, während der Krimkrise vor einer Schulklasse Parallelen zwischen der Sezession der Krim und dem Vorgehen des deutschen Nazi-Regimes 1938/39 zog: „Das kennen wir alles aus der Geschichte. Mit solchen Methoden hat schon der Hitler das Sudetenland übernommen“. So drechselt sich ein Fanatiker Geschichte: Als habe die Sowjetunion Deutschland überfallen und nicht umgekehrt.

Auch wenn Dr. Bruno Kahl, Leiter der Abteilung Privatisierungen im Bundesfinanzministerium, noch kein so deutlich erkennbares reaktionäres Profil aufweist wie Wolfgang Schäuble, ist an ihm doch die „marktkonforme Demokratie“, die politische Deformation der Demokratie zugunsten des Marktes, beispielhaft erkennbar. Bedauernd stellte er auf dem „Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur“ fest: „Dass wir in Deutschland die Chancen der Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft längst nicht in dem gleichen Maß nutzen wie unsere europäischen Nachbarn.“ Gemeint ist jene Kooperation, die aus öffentlichem Eigentum Privateigentum macht, die öffentliche Leistungen verschlechtert und verteuert. Aber dafür hat der Mann Verständnis: „Dagegen wird die Finanzierung, die der Private Partner in ein Projekt einbringt, in der Regel teurer sein als eine Finanzierung durch die öffentliche Hand. Dies ist marktkonform, denn hierin spiegelt sich auch die Risikoübernahme durch Private wider.“ So wie bei der Atomindustrie: Der Steuerzahler finanzierte ihren Aufbau, jetzt soll er ihren Rückbau bezahlen. Und so kommt der neue Chef des BND auch zu seinem logischen Schluss: „Wenn es darum geht, den Infrastrukturwandel durch Einbeziehung privater Partner zu beschleunigen, dann kann das nur heißen, die Steuergelder bzw. die Gelder unserer Bürger für erkannte Investitionsbedarfe wirtschaftlich einzusetzen.“

Wem die Verbindung von Geheimdienst und privater Wirtschaft nicht einleuchtet, der muss an den Vortrag des BND zur “Privatisierung und Kommerzialisierung von Kriegen“ erinnert werden. Vor der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, einem internationale Forum der "Deutschen Bank“, referierte BND-Präsidenten Ernst Uhrlau: “Der Einsatz von privaten Militärunternehmen bietet folglich die Chance, offizielle Verlustzahlen zu beschönigen und damit den öffentlichen Druck zu reduzieren. . . Angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Nachfrage nach Leistungen privater Sicherheitsfirmen wird einer sorgfältigen Auswahl von solchen Unternehmen eine erhebliche Bedeutung zukommen. . . Private Militärdienstleister treten als Partner und Unterstützer an die Seite staatlicher Streitkräfte – in low-intensity Konflikten agieren sie gelegentlich sogar an deren Stelle. Ihr Beitrag im Rahmen und in Folge groß angelegter Militäroperationen sowie die wachsende Einbindung in die Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen ihrer Herkunftsstaaten zeigt, dass diese Unternehmen aus modernen Krisenmanagementeinsätzen nicht mehr wegzudenken sind.“ (Auf der Seite des BND ist der Vortrag inzwischen gelöscht). Krisenmangementeinsätze: Das ist der Neusprech für die Rohstoff-Kriege, die man eben managen muss.

Fraglos ist der neue BND-Chef für die „neuen Herausforderungen“ bestens gerüstet. Auch wenn er, anders als sein Meister Wolfgang Schäuble, noch nicht zum „Großoffizier des Luxemburger Ordens der Eichenkrone“ geschlagen worden ist. Doch solch ein Orden – vor ein paar Jahren in der luxemburgischen Botschaft dem Bundesfinanzminister verliehen – der die Steuervermeidung Privater zum staatlichen Ziel erhebt und sie geheimdienstlich abgesichert sehen will, kann dem Nachfolger des BND-Präsidenten Gerhard Schindler auf Dauer sicher nicht verweigert werden.

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Hier lese ich all das, was sonst nirgendwo zu lesen ist. Danke,

Dorit Bergmann
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Ich muss bei diesem Wolfgang Schäuble immer an Theodor Adorno denken: "Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten. Sondern ich fürchte mich vor der Rückehr der Faschisten in der Maske der Demokraten!"
Das...

Ich muss bei diesem Wolfgang Schäuble immer an Theodor Adorno denken: "Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten. Sondern ich fürchte mich vor der Rückehr der Faschisten in der Maske der Demokraten!"
Das Zitat ist schon Jahrzehnte alt. Sie sind längst da, bzw. waren nie weg- Nach 45 haben sie nur die Maske gewechselt und "Nachkommen gezeugt" Schäuble ist einer der einflussreichsten Vertreter dieser Nachkommen.

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Aleksander von Korty
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Es hätte mich auch sehr verwundert, sollte ein flach fahrender Charakter wie Schäuble nicht ansteckend sein.
Danke für Ihren Artikel.

Burkhard Ohligs
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Und wie gut passt zu diesem Psychogramm Schäubles die Herkunft aus einem süddeutschen pietistischen Stall! Er ist ein Paradebeispiel für einen Vertreter jener "Protestantischen Ethik" die Max Weber in seinem Aufsatz über den Geist des...

Und wie gut passt zu diesem Psychogramm Schäubles die Herkunft aus einem süddeutschen pietistischen Stall! Er ist ein Paradebeispiel für einen Vertreter jener "Protestantischen Ethik" die Max Weber in seinem Aufsatz über den Geist des Kapitalismus als eine der Quellen des gnadenlosen Wettbewerbsdenkens jener Geschäftemacher erkennt, die heute dabei sind, ganze Volkswirtschaften auszuplündern und das auch noch für ethisch geboten halten - und Schäuble ist einer ihrer politischen Türöffner.

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Karl Heinz Bernhart
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Warum lese ich die von Ihnen gesammelten Fakten nicht in anderen Medien? Zu faul oder zu feige?

Petra Liessen
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Es wird eine Mischung aus beidem sein. Die Recherche stand jedem offen:

http://www.behoerden-spiegel.de/icc/Internet/nav/6bb/broker.jsp?uCon=e3c99fc8-3b02-51c6-a0fd-3107b988f2ee&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-bbbb-000000000003&uMen=6bb60301-ea8b-a410-d3f...

Es wird eine Mischung aus beidem sein. Die Recherche stand jedem offen:

http://www.behoerden-spiegel.de/icc/Internet/nav/6bb/broker.jsp?uCon=e3c99fc8-3b02-51c6-a0fd-3107b988f2ee&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-bbbb-000000000003&uMen=6bb60301-ea8b-a410-d3fd-9327b988f2ee&_ic_print=true

https://www.radio-utopie.de/2009/08/05/christlicher-kreuzfahrer-blackwater-chef-prince-des-mordes-und-waffenschmuggels-in-den-irak-beschuldigt/

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Uli Gellermann
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Danke für das faktenreiche Bild dieses Artikels!

Spooky!

Bei Schäuble laufen verdächtig viele Fäden zusammen. Und er ist von Fanatismus, Korruption, Extremismus und Menschenhaß gezeichnet.
Eine gefährliche Mischung.
Die Assoziation "Dr. Seltsam -...

Danke für das faktenreiche Bild dieses Artikels!

Spooky!

Bei Schäuble laufen verdächtig viele Fäden zusammen. Und er ist von Fanatismus, Korruption, Extremismus und Menschenhaß gezeichnet.
Eine gefährliche Mischung.
Die Assoziation "Dr. Seltsam - oder wie ich lernte die Bombe zu lieben" drängt sich auf.

Weiterlesen
Benny Thomas Olieni
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Sehr interessant, sehr kompetent, sehr tiefschürfend
- und sehr betroffen machend ...

... wenn man feststellen muss, dass alles immer noch viel schlimmer ist als man bisher schon ahnen musste, und wenn man sich über die Chuzpe klar wird, mit der...

Sehr interessant, sehr kompetent, sehr tiefschürfend
- und sehr betroffen machend ...

... wenn man feststellen muss, dass alles immer noch viel schlimmer ist als man bisher schon ahnen musste, und wenn man sich über die Chuzpe klar wird, mit der die "Volksvertreter" agieren.

zB J.-C. Juncker: "Wenn es ernst wird, muss man lügen."

Offensichtlich ist unsere Staatsführung sowie die EU-Bürokratie von puren Antidemokraten okkupiert.
Auch bei einem Th. de Maizier etwa ist die antidemokratische Haltung nur noch unter einer hauchdünnen Tünche versteckt.

"Der Kampf gegen den Terrorismus sei mit dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts zum BKA -Gesetz nicht erleichtert worden. Das Gericht habe Bedenken geäußert, die er so nicht teile."

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/thomas-de-maiziere-rueffelt-verfassungsgericht-wegen-terrorgesetz-urteil-a-1088680.html

Ich glaube, in einem Interview hat er sogar angedeutet, einen Teil der höchstrichterlichen Vorgaben einfach umgehen zu wollen.

Wo sind wir denn nur hingeraten?

Hier als Nachlieferung zu meinem Kommentar die Pressekonferenz, in der de Maiziere offen sein Vorhaben geäußert hat, den Spruch des Bundesverfassungsgerichtes dort, wo ER es für nötig erachtet, zu konterkarieren:

http://www.tagesschau.de/inland/reaktion-bka-gesetz-berlin-101.html

hier sind einige erfreulicherweise sehr klare Kommentare zu diesem, in den MSM weitgehend ignorierten, Vorgang:

http://meta.tagesschau.de/id/110893/kritik-am-bundesverfassungsgericht-de-maiziere-legt-nach

Wann ist der Punkt erreicht, wo Widerstand zur Pflicht wird?

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Albrecht Storz
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ARMUTSZEUGNIS DEUTSCHLAND
KLASSENZIEL NICHT ERREICHT

Gefahr erkannt, Gefahr benannt:
Der Sumpf beginnt zu stinken.
Zudem riechts auch noch angebrannt
im siechen deutschen Vaterland.
Da hilft kein Fähnchenwinken.

Gefahr erkannt, Gefahr benannt:
Wir sind...

ARMUTSZEUGNIS DEUTSCHLAND
KLASSENZIEL NICHT ERREICHT

Gefahr erkannt, Gefahr benannt:
Der Sumpf beginnt zu stinken.
Zudem riechts auch noch angebrannt
im siechen deutschen Vaterland.
Da hilft kein Fähnchenwinken.

Gefahr erkannt, Gefahr benannt:
Wir sind nicht zu beneiden.
Deutschland liebt die Oberhand,
das Gängelpfand am Ordensband.
Es ist das alte Leiden.

Gehegt, gepflegt, statt weggefegt -
der Glücksgriff war vorhanden. -,
wird auf Belebung Wert gelegt,
wird am falschen Ast gesägt:
Prüfung nicht bestanden.

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Lutz Jahoda
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"Jener Schäuble, der die Änderung des Grundgesetzes verlangte, um die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und im selben Jahr Internierungslager für sogenannte `Gefährder´ forderte. "
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Werter Uli -

dieses...

"Jener Schäuble, der die Änderung des Grundgesetzes verlangte, um die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und im selben Jahr Internierungslager für sogenannte `Gefährder´ forderte. "
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Werter Uli -

dieses Lied ist noch lange nicht ausgesungen!
Und es werden LEIDER NICHT die braunen Anführer der braunen AfD sein, die in diesen Lagern als sogenannte "Gefährder" einsitzen werden,
sondern in übelster alter deutscher Tradition die letzten ehrlichen deutschen Journalisten, Linke, arme Schlucker und natürlich engagierte "Galeristen".
Die Bundeswehr wird dann wohl für die Überwachung der Lager zuständig sein.

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Andreas Buntrock
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Am 28.04.2016 um 13:03 schrieb Dr. Angelika Haas :

Das muss man wirklich gelesen haben und bedenken, wenn sich eine Verwunderung über Deutschlands Verfasstheit einstellen will ...
Dank an Uli Gellermann für diese "Zusammenschau", die wirklich...

Am 28.04.2016 um 13:03 schrieb Dr. Angelika Haas :

Das muss man wirklich gelesen haben und bedenken, wenn sich eine Verwunderung über Deutschlands Verfasstheit einstellen will ...
Dank an Uli Gellermann für diese "Zusammenschau", die wirklich gespenstisch ist - aufklärend, also erhellend im besten Sinne!

Weiterlesen
Angelika Haas
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