"Jobverlust im Alter wird in Deutschland zunehmend zu einer Falle“, teilt uns Aart De Geus, der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung anlässlich einer Studie zur Langzeitarbeitslosigkeit mit. In Fallen, das weiß der Waidmann, tappen Tiere. Wer die Falle für die Arbeitslosen aufgestellt hat, weiß der Stiftungs-Chef offenkundig nicht. Die bildungsständische ZEIT erkennt, dass “Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“ ist. Diese böse Arbeitslosigkeit ist einfach nur halsstarrig. Die ähnlich hoch gebildete FRANKFURTER ALLGEMEINE meint sogar „Trotz Jobrekord bleibt Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“. Beharrlich ist sie schon, die lange Arbeitslosigkeit. Und während die FAZ nur einen „Jobrekord“ sehen konnte, wußte die ZEIT sogar von einem „Jobwunder“ zu berichten. Das ist ehrlicher, denn man wundert sich immer wieder, für welche Hungerlöhne Menschen arbeiten müssen, um die Statistik zu verbessern. Die nicht ganz so schlaue RHEINISCHE POST schließt sich der Bertelsmann-Analyse an: „Jobverlust im Alter wird zunehmend zu einer Falle“. Der gesichtslose Job-Verlust mutiert also irgendwie zu einer Fallgrube. Und Andreas Sankewitz (SPD), Vorsitzender des Sozial-Ausschusses, setzt noch einen drauf: „Langzeitarbeitslose in der Endlosschleife gefangen.“ Wer mag die Schleife gebunden haben? Für Arbeitslose halten die deutschen Meinungsmaschinen eine eigene Sprache bereit: Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle führt.

Ein Unglück hat Lisa getroffen. Ihre Waschmaschine ist kaputt, für immer. Die war aus der guten Zeit, als sie noch Arbeit hatte und Geld. Eine neue? Nicht mal an eine neue Gebrauchte ist zu denken. Von Vierhundert Hartz-Euro monatlich, ohne Rücklagen? Aber Waschen muss sein. Sonst heißt es gleich Arbeitslose stinken. Zum Waschsalon? Auf Dauer zu teuer. Bei Freunden waschen? Die Zahl der Freunde ist geringer geworden. Seit Beginn der Arbeitslosigkeit. Gut, da wäre noch Heinz, aber Heinz geht ihr lieber an die Wäsche als dass er sie waschen ließe.

Die Bertelsmann-Studie nennt sich „Langzeitarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich“ und fängt schon gut an: „Vor allem in Südeuropa wird sie (die Langzeitarbeitslosigkeit) zunehmend zum Strukturproblem“. Irgendwie ist die Arbeitslosigkeit auf Dauer ein Problem für die Struktur. Arme Struktur. „Die sogenannte Langzeitarbeitslosenquote, betrug EU-weit 4,3 Prozent und lag damit fast doppelt so hoch wie vor Ausbruch der Krise“ schreiben die Bertelsmänner auf. Sogenannt? Das ist doch das Wort für angeblich, scheinbar oder eingebildet. Aber wenn die Krise ausbricht, so wie Vulkane ausbrechen oder wilde Tiere aus ihren Käfigen, dann sind die Randerscheinungen eben eher Schimären. „Langzeitarbeitslosigkeit“ so setzt die gewöhnliche Bertelsfrau ihren Text fort, "ist eine der größten Herausforderungen für jeden Arbeitsmarkt.“ Da staunt der Markt: Hat er doch die Arbeitslosigkeit selbst hergestellt. Jetzt fordert die ihn heraus? Kann nicht wahr sein. „Durch die andauernde Beschäftigungslosigkeit kommt es zur Entwertung von Humankapital und Bildungsinvestitionen, sinkende Beschäftigungsquoten verringern die Arbeitsmarkteffizienz und das Wachstumspotenzial einer Wirtschaft.“ Da hatten doch die Konzerne, unter ihnen sicher auch der Bertels-Laden, so viel in das umherschweifende Humankapital investiert und nun mindert es die Profit-Effizienz? Undankbares Kapital.

Lisa war in diesem Monat schon einmal im Kino, da war der erste Zehner weg. Zu gern wäre sie zum McCartney-Konzert gegangen. Als Paul jung war, da war sie noch jünger. Super Erinnerung. Aber die billigste Karte kostet 99 Euro. Das wären fast so viel wie zwei Monate Regelsatz-Anteil für Freizeit, Unterhaltung, Kultur. „It's been a hard day's night, and I've been working like a dog“, das war kein schlechtes Gefühl, nach einem harten Arbeitstag nach Hause zu kommen. Zu wissen, man wurde gebraucht, man hatte Geld in der Tasche, nie genug, aber genug für „make me feel alright, feel alright, feel alright“.

„Fast die Hälfte (43,1 %) aller Arbeitssuchenden sind schon mehr als ein Jahr erwerbslos, knapp ein Drittel sogar schon länger als zwei Jahre“ erfährt man aus der Studie. „EU-weit ist der Anteil der über 55-Jährigen unter den Langzeitarbeitslosen (13 %) deutlich höher als unter den Kurzzeitarbeitslosen (8 %). Besonders hoch ist der Anteil älterer Langzeitarbeitsloser in . . . Deutschland (26 %)“. – Wer längere Zeit arbeitslos ist, wer sich noch mal und noch mal beworben hat, wer noch mal und noch mal abgelehnt wurde, dem fehlt nicht selten die Kraft für die tausendste Bewerbung. Für diesen Fall weiß die Studie Rat: „Eine aktivierende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist entscheidend, um das Entstehen von langfristiger Erwerbslosigkeit und Inaktivität zu verhindern, bzw. bestehende Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren.“ Nicht das Angebot von Arbeit verhindert Arbeitslosigkeit, sondern eine „aktivierende Politik“. Und die geht so: „ . . . etwa durch striktere Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen und der Zumutbarkeit von Jobangeboten.“ Mit der Peitsche drohender Arbeitslosigkeit werden jene, die Arbeit haben, zu mehr und schnellerer Arbeit angetrieben. Mit der Peitsche der Sanktion wird die Schwelle der Zumutbarkeit weiter gesenkt.

Alle halbe Jahre mindestens muss Lisa zum Job-Center. Das Job-Center heißt nicht Job-Center weil es dort einen Job gäbe. Und Lisa muß auch nicht da hin, weil man einen Job für sie hätte. Sie muß zur Kontrolle dahin. Weil? Weil, sie könnte ganz heimlich eine Arbeit begonnen haben und weiter Hartz Vier beziehen? Nein, sie muß dahin, weil sie dahin muß. Aber das Amt nimmt ihr auch notfalls den Weg ab und besucht sie zu Hause. Wenn in ihrer Wohnung „Luxusgegenstände“ vermutet werden. Denn der „Leistungsbezieher“ darf nur über einen „angemessenen“ Hausrat verfügen und ist verpflichtet, Luxusgegenstände zu „verwerten“. Das meint verkaufen und den daraus resultierenden Ertrag zur Minderung der monatlichen staatlichen Alimente einzusetzen.

Einmal, gegen Ende der Bertelsmann-Studie, blitzt ein Satz von Wahrheit auf: „Wo Aktivierung zur Erwerbsarbeit zunehmend zur sozialpolitischen Norm wird, müssen dem Fordern auch entsprechende Angebote des Förderns gegenüberstehen.“ Selbst dieser Satz muss übersetzt werden: Wenn Arbeitslose mit Sanktionen zur Arbeit getrieben werden, sollte es Arbeit geben. Welch eine Erkenntnis für eine Stiftung, die der deutschen Sozialdemokratie die „Agenda 2010“ geschrieben hat. Jene angebliche Sozial-Reform, die zu keiner Zeit Arbeit geschaffen hat, außer im Job-Center. Jene Reform, die eine neue soziale Rasse erschaffen hat: Unmündige, sozial isolierte und erniedrigte Wesen, die vom System verwaltet werden. Deren Züchtung kann Bertelsmann jetzt, 20 Jahre später, mit einer Studie begutachten. – Liz Mohn, die Herrin des Bertelsmann-Konzerns und der gleichnamigen Stiftung, ist eine gute Freundin der Frau Merkel.

Lisa hätte gern ein Kind gehabt. Aber sein Vater sollte nicht Job Center heißen und es sollte nicht von 237 Euro monatlich leben müssen.

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Es ist unfassbar, aber wahr. Es gibt ein Schema `Selbstständigkeit in Hartz IV´, über das aber von den in Jobcenter umbenannten Arbeitsämtern nicht informiert wird - also wird auf jede Menge kreatives Potential nicht nur in kreativen Berufen...

Es ist unfassbar, aber wahr. Es gibt ein Schema `Selbstständigkeit in Hartz IV´, über das aber von den in Jobcenter umbenannten Arbeitsämtern nicht informiert wird - also wird auf jede Menge kreatives Potential nicht nur in kreativen Berufen schlicht verzichtet. Warum wohl?

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Ira Kormannshaus
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"Die war aus der guten Zeit, als sie noch Arbeit hatte und Geld. Eine neue? " - das stimmt nicht ganz, das "Job-Center"(denglisch|english) bietet dafür gerne kostengünstige Kredite an. Da rattert sich ein Kinobesuch von ganz alleine dahin und wer...

"Die war aus der guten Zeit, als sie noch Arbeit hatte und Geld. Eine neue? " - das stimmt nicht ganz, das "Job-Center"(denglisch|english) bietet dafür gerne kostengünstige Kredite an. Da rattert sich ein Kinobesuch von ganz alleine dahin und wer will schon das double von McCartney sehen? Kein Sch..nz. Vergessen wird, das die Armutsrate in "strukturschwachen" Gegenden enorm hoch ist, und die Menschen, die dort leben und pertu ihren angestammten Lebensraum nicht aufgeben wollen, die sozialSchmarotzer unserer Zeit sind. ->In der Stadt geht es euch besser<- Kommt, Kommt - und gebt mir euer Land - der wohlgenährte(Warmes Wasser - aus Wand!) Plattenbau wartet schon. Deutsche Flüchtlinge! Das klingt zwar nationalistisch, ist aber auch eine Erklärhilfe für den "sozialNeid" und die Wahlergebnisse in letzter Zeit. Seien wir mal Ehrlich, gäbe es eine echte Solidargemeinschaft(= demokratischer Staat), dann würde es auch keine "lustigen" Gellermann Artikel mehr geben - und wer will das schon?

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Eard Wulf
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Ausgezeichnete Analyse der Sprache der entmenschlichten Entmenschlicher, ihres Denkens und Handelns.
Zitat:
"Für Arbeitslose halten die deutschen Meinungsmaschinen eine eigene Sprache bereit: Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle...

Ausgezeichnete Analyse der Sprache der entmenschlichten Entmenschlicher, ihres Denkens und Handelns.
Zitat:
"Für Arbeitslose halten die deutschen Meinungsmaschinen eine eigene Sprache bereit: Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle führt."
Es ist die Sprache, die die Täter verbergen soll, also die Sprache der Täter.
"Die Preise sind gestiegen."
Aha? Wie machen Preise das? Oder, um mit Brecht zu sprechen: Machen sie das ganz allein? Völlig selbständig? Ohne jede Hilfe eines Täters mit zwei Beinen?
Könnte es sein, daß sie ein Mensch erhöht hat? Welcher Mensch war es wohl?
"Hartz IV" ist eine perfide erdachte Form des "offenen Strafvollzugs" an Menschen, die die Drahtzieher des Kapitalismus via z.B. Bertelsmann & Co mit Systemen wie der Agenda 2010 "aussortiert" und in ein "fast unsichtbares KZ" eingesperrt haben. Zur Zwangsarbeit, falls Bedarf entstehen sollte. Z.B. wenn der Dritte Weltkrieg immer mehr in seine heiße Phase eintritt.
Eine auf `modern´ geschminkte, computerisierte Form des in seinem Wesen immer gleichen faschistoiden, Menschen verachtenden und Menschen zerstörenden Kapitalismus, in der die Täter den Sklaven-Markt zum "Arbeitsmarkt" umgetauft haben.

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Benny Thomas Olieni
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Hallo Ulli,hast du schon eine Lohnerhöhung von Putin bekommen? Ich bekomme zum 1.7.2016 eine Rentenerhöhung von 4,25 %. Das ist doch was,oder? Ohne Streik.Da soll sich meine IG-Metall für den Tarifabschluss schämen. Alles Gute weiterhin, Genosse...

Hallo Ulli,hast du schon eine Lohnerhöhung von Putin bekommen? Ich bekomme zum 1.7.2016 eine Rentenerhöhung von 4,25 %. Das ist doch was,oder? Ohne Streik.Da soll sich meine IG-Metall für den Tarifabschluss schämen. Alles Gute weiterhin, Genosse Kundschafter. Freue mich jedesmal über deine spitzenmäßige Kommentare.

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Alfred Matejka
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.....bitterer Beigeschmack beim lesen des Artikels."Die Würde des Menschen ist unantastbar.........."
Da sind konkrete Menschen betroffen, und es ist an der Zeit, diese Menschen beim Namen zu nennen, sie aus der Isolation zu holen, und sie nicht...

.....bitterer Beigeschmack beim lesen des Artikels."Die Würde des Menschen ist unantastbar.........."
Da sind konkrete Menschen betroffen, und es ist an der Zeit, diese Menschen beim Namen zu nennen, sie aus der Isolation zu holen, und sie nicht im System als Nummer verschwinden zu lassen. Sicherlich sind Zahlen, Statistiken einfacher zu verdauen; allerdings hat es zur Folge, dass Gleichgültigkeit, mangelndes Mitgefühl, Entfremdung und Entwertung den Menschen als Menschen nicht mehr wahr nimmt. Eine Gesellschaft, die das zulässt hat die Anpassung an die gewünschten herrschenden Verhältnisse bereits vollzogen.
"Die im Dunkel sieht man nicht." (Brecht)
Ein SPD Mann, dessen Mutter Putzfrau/Raumpflegerin war, hatte nicht den Mumm sich den Verlockungen der "Reichen und Schönen" (siehe Maschmeyer) zu entziehen. Schröder, der Verräter an der Arbeiterbewegung hat dem Neoliberalismus Tür und Tor weit geöffnet. Ein Verrat der seinesgleichen sucht. Die SPD hat mit ihrem Staatswahn in der Weimarer Republik entscheidende politische Fehler gemacht. Die USPD und die KPD haben doch mit ihrer Gründung der SPD klar gemacht, dass sie immer wieder aufs "falsche Pferd" setzen.
Nichts dazugelernt, nun aber staatstragende Gesetze mit verabschieden, die dem Rest der Arbeitnehmerrechte und auch den Gesetzen der sozialen Sicherung nun ganz den Garaus machen."Den letzten beißen die Hunde" habe ich oft in der KIndheit gehört.
Menschen wollen partizipieren, sie wollen lernen, sie wollen Teil der Gesellschaft sein. Arbeitslosigkeit kann krank machen, weil kein Mensch auf Dauer, Ausgrenzung, Abhängigkeiten, ständige Kontrollen, ständiges Misstrauen aushalten kann.
Die seelischen Erkrankungen haben bei arbeitslosen Menschen in erheblichem Mass zugenommen. Der Mensch ist mehr, als ein zu gebrauchender und benutzender "Gegenstand" einiger Weniger, um deren ständig wachsende Gier nach mehr haben wollen zu befriedigen. Die Grünen, aktive Mitmacher der AGENDA 2010 waren und sind eine kleinbürgerliche Partei.
Im gesellschaftlichem Denken hat sich durchgesetzt, dass die Arbeitslosen schließlich selber schuld seien. "Wer will bekommt Arbeit." Sozial ist,was Arbeit schafft." Und das kommt von Köhler der Heulsuse, der so einfach zurücktreten konnte. Dieses Recht eine Arbeit abzulehnen, aus welchen Gründen auch immer muss drin sein, ohne sanktioniert zu werden.
Stigmatisierung der Kinder in den Schulen, weil sie nicht "mithalten" können, was Handys und Markenklamotten angeht. Klassenfahrten müssen wegfallen, weil sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht genehmigt werden usw. usw.
Die Verfestigung von Arbeitslosigkeit ist ein nicht wiedergutzumachender Schaden an den betroffenen Menschen.
Die EU akzeptiert, dass eine ganze Generation an jungen Erwachsenen, das Erlernte nicht umsetzen kann ,als Ungelernte dem Kapital zur Verfügung stehen.
Arbeit ist kein Almosen, und das Recht auf Arbeit war doch mal eine, wie ich finde, wichtige Forderung. Lang, lang ist es her....
Ich war von den HARTZ Gesetzen betroffen.
Der Artikel trägt Sorge, dass diese Menschen ein Stück weit aus dem Dunkel herausgeholt werden, und das macht ihn wertvoll.
......."zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat." (Rosa Luxemburg)

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Ulrike Spurgat
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Ihr zynisch treffender Bericht über die "Hartz IV Rasse" beschreibt sehr gut den menschenverachtenden Zynismus des Neoliberalismus, der wie eine Krankheit die menschlichen Beziehungen in unserer Gesellschaft schleichend zerstört.

Burkhard Ohligs
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Arbeit - die Alleinseligmachende. Das Allerheiligste der Spezialdemonstranten - ihre Monstranz gewissermaßen. "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen." In letzter Konsequenz die Todesstrafe für den Verweigerer von Arbeit. Gedanke eines...

Arbeit - die Alleinseligmachende. Das Allerheiligste der Spezialdemonstranten - ihre Monstranz gewissermaßen. "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen." In letzter Konsequenz die Todesstrafe für den Verweigerer von Arbeit. Gedanke eines Dummkopfs. Und das in einer Zeit, in der es ganz einfach nicht mehr genügend Arbeitsplätze für Alle gibt, womit ich Arbeitsplätze meine, zu denen man gerne hingeht, weil die Arbeit einen Wert an sich und auch für den Menschen, der sie ausübt, hat.

Mir scheint hingegen, dass sich da ein Kreis schließt: in früheren Feudalgesellschaften wurde das, was heute überwiegend mit dem Begriff "Arbeit" veredelt wird, überwiegend von Sklaven ausgeführt.
Die immer besseren technischen Voraussetzungen schufen nach zahlreichen proletarischen Aufständen den "höherqualifizierten" Arbeiter, der sich besser fühlte weil er auskömmlich verdiente. Jetzt haben wir einen neuen globalen Feudalismus, der wieder auf Sklaverei setzt, auch wenn sie nicht so genannt wird: "Die sind froh, überhaupt eine Arbeit zu haben!"

Und eben auch in Deutschland. Hat wirklich jemand ernsthaft geglaubt, die neue Versklavung der Arbeiterklasse würde Deutschland verschonen? Noch haben wir einen Zustand der Ungewissheit, denn man braucht den Konsumenten - fraglich nur, von welchem Geld der konsumieren soll? Vorausschauende Eliten fordern ja folgerichtig den bedingungslosen Konsumenten, also ein Objekt (kein Subjekt!) des Marktes, dem ohne weitere Umstände Geld in die Hand gedrückt wird mit der (bis dato so weit ich weiß noch nicht erhobenen) Forderung, es restlos zu verkonsumieren. Schöne neue Welt!

Was soll den Menschen eigentlich noch alles an Erniedrigung zugemutet werden? Wird es nicht Aufruhr geben? Gemach! Ein bedingungsloses Grundeinkommen hat durchaus das Potential, die Leute auf absehbare Zeit ruhig zu stellen. Vielleicht könnte man den Betroffenen noch das Recht auf Bildung und auf staatsbürgerliche Teilhabe entziehen - es würde sie wenig Jucken - womöglich.

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Karl Heinz Bernhart
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Der Mensch hat sich als Gattung durch die und mit der Arbeit entwickelt. Bis heute ist der soziale Zusammenhang aus Arbeit ein westliches Element des Mensch-Seins. Und wäre die Arbeit besser verteilt – warum bitte keine 30-Stundenwoche – gäbe es...

Der Mensch hat sich als Gattung durch die und mit der Arbeit entwickelt. Bis heute ist der soziale Zusammenhang aus Arbeit ein westliches Element des Mensch-Seins. Und wäre die Arbeit besser verteilt – warum bitte keine 30-Stundenwoche – gäbe es auch genug, Statt dessen wird die vorhandene Arbeit auf immer weniger Schultern gelegt, um aus dem Einzelnen mehr Profit zu pressen. Hier liegt auch der Denkfehler des „bedingungslosen Grundeinkommens“. Mit ihm würde der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen aufgegeben.

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Uli Gellermann
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Das Elend, in dem Arbeitslose gehalten werden, hat noch eine andere Aufgabe. Je mieser ihnen das Leben gemacht wird, umso mehr kann denen zugemutet werden, die noch in Arbeit sind.
Eine große Hilfe wäre es, wenn die CDU auf die Katholische...

Das Elend, in dem Arbeitslose gehalten werden, hat noch eine andere Aufgabe. Je mieser ihnen das Leben gemacht wird, umso mehr kann denen zugemutet werden, die noch in Arbeit sind.
Eine große Hilfe wäre es, wenn die CDU auf die Katholische Arbeitnehmerbewegung Aachen und die SPD auf ihr Mitglied Wolfgang Belitz hören würden. Die KAB Aachen plädiert für die "Triade der Arbeit": Neben die Erwerbsarbeit treten Familienarbeit und gesellschaftsbezogene Arbeit als weitere Arten der bezahlten Arbeit. Belitz fügt der Triade die Eigenarbeit hinzu und kommt so zu einem 4-3-2-1-Pfad zu einem neuen Gesellschaftsvertrag: Vier Arten Arbeit, drei Arten Einkommen (Erwerbs-, Kapital-, Transfereinkommen) für zwei Menschen, die sich gleichberechtigt um Erziehung von Kindern kümmern in dieser EINEN Welt.
Da die Parteien schon nicht auf ihre eigenen Leute hören, könnten Menschen ja in wachsender Zahl die Straßen füllen und den Blinden, Tauben und Stummen die Sinne öffnen. Hardt und Negri haben die 99 Prozent politisch handhabbar gemacht: Die Verschuldeten, die Vernetzten, die Verwahrten und die Vertretenen haben lauter eigene Gründe, um an der Veränderung der Verhältnisse mitzuwirken.
Und den -gidas muss in einem Punkt Anerkennung zugesprochen werden. Sie haben angefangen, GEWALTFREI Unruhe zu stiften. Aber außer in Dresden standen durchweg mehr Leute auf der Straße, als die -gidas Anhänger und Mitläufer in Bewegung setzten. Stellen wir uns vor, diese Mehrheit fängt an zu sagen, WOFÜR sie ist. Die Gewählten, die sich mehr und mehr als Erwählte von Gnaden des Kapitals gebärden, wären am Ende mit ihren Taktiken des Aussitzens und Herabwürdigens ("Pack" und "Mob").
Auf die Gefahr, dass sich mich wiederhole: Robert und Edward Skidelsky schlagen in "Wie viel ist genug? - Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens" sieben Basisgüter vor: Gesundheit, Sicherheit, Respekt, Persönlichkeit, Harmonie mit der Natur, Freundschaft, Muße.

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Heinrich Triebstein
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Das Ziel von HartzIV war und ist im Kern Löhne zu drücken und bei Arbeitern und Angestellten die Angst zu erzeugen ebenfalls in Hartz IV zu fallen und die Schikanen selber Garanten für Niedriglöhne - Jobcenter Garanten für Niedriglöhne - erleiden...

Das Ziel von HartzIV war und ist im Kern Löhne zu drücken und bei Arbeitern und Angestellten die Angst zu erzeugen ebenfalls in Hartz IV zu fallen und die Schikanen selber Garanten für Niedriglöhne - Jobcenter Garanten für Niedriglöhne - erleiden zu müssen.
Betroffene von Hartz IV sind also nur die Kulisse mit der man zeigen kann, wie es jemanden ergeht der sich gegen niedrige Löhne und befristete Beschäftigung wehrt. Damit hat die damalige rot-grüne Regierung unter Schröder und Fischer ein Angstsystem geschaffen, dass es so in Deutschland noch nicht gegeben hat.
Die Langzeitarbeitslosigkeit wird zum Strukturproblem heißt im Klartext: Der Horizont des politisch Möglichen mit dem Horizont des für kapitalistische Verwertungsinteressen Vorzugs würdigen.
"Durch die andauernde Beschäftigungslosigkeit kommt es zur Entwertung von Humankapital und Bildungsinvestitionen, sinkende Beschäftigungsquoten verringern die Arbeitsmarkteffizienz und das Wachstumspotenzial einer Wirtschaft." Mindere Profit-Effizienz?
Wir wissen auch, dass der Kapitalismus ein paar Widersprüche hat - und sich im Prinzip gar keinen Sozialstaat leisten kann oder will: alles Geld, was für „Soziales" ausgegeben wird, steht nicht dem Finanzmarkt zur Verfügung - und der giert nach öffentlichen Geldern, nicht nur zur zum Zwecke der Bankenrettung. Langzeitarbeitslose sind die ausgebrannten Leistungsträger älterer Semester, sie sind ein Kostenfaktor, den es zu eliminieren gilt. Betriebswirtschaftler finden freundlichere Worte. Sinn macht der Mensch für die Kapitalwirtschaft nur, wenn die Erträge seiner Arbeit für den Kapitaleigner deutlich über den Kosten liegt, die er verursacht.
Mit den Hartz-IV-Gesetzen hat die Politik eine Wirtschaft ermöglicht, die nur noch vom Wohle - vom „Wohlstand" aller lebt und ihn hemmungslos ausplündert ( Parasitenwirtschaft).
Andreas Sankewitz (SPD) und seinesgleichen werden für ihre Leistungslosigkeit bezahlt Zum 1 Juli 2016 gabt es erstmals in der Geschichte des Bundestages eine ganz neuartige, vollautomatisierte Diätenerhöhung für die Vertreter des Volkes um die 254 Euro pro Nase/Monat.Wenn jetzt der Hartz IV Empfänger zum Ausgleich der Lebenshaltungskosten 2,8 % mehr bekommt, dann bezieht sich das auf 404,00 Euro Regelsatz pro Monat und macht in Summe dann sage und schreibe 11,31 Euro pro Monat, selten ohne großen Widerstand im Parlament durchzubringen. Wenn die Volksvertreter sich „nur" 2,8 % automatisiert gönnen, dann macht das, bezogen auf deren aktuellen Armutssatz von 9.082,00 - sogleich 254,30 Euro pro Monat. Das liegt ganz einfach daran, dass die Hartz IV Empfänger nichts leisten, die Bundestagsabgeordneten hingegen aber 22,48 mal soviel NICHTS leisten, das will gerecht vergolten werden.
Was kostet das eigentlich, dieses Hartz IV - das vielen viel zu teuer dünkt? 2015 waren es 20 Milliarden. Hinzu kommen 7 Milliarden für Verwaltung und „Förderung" (die oft ebenfalls in die Verwaltung und die IT-Aussattung mit einfließen, siehe FAZ). Unglaublich, oder? Für drei Euro knappester Hilfe zum Überleben - ein Euro Verwaltung. Gäbe man das Verwaltungsgeld den Arbeitslosen (die es dereinst als Steuergelder selbst erwirtschaftet haben): die Armut wäre deutlich gelindert, der Binnenkonsum bekäme jene Gelder, die 50000 Läden vor der sicheren Auslöschung retten könnten (siehe Wiwo).
Aber man braucht die Gelder, um durch Sanktionen aus den Ärmsten der Armen zugunsten von Renditen, Pensionen und Diäten noch mehr Geld herauszuholen, Sanktionen, die augenscheinlich von „oben" angeordnet werden.
25 Milliarden lassen wir uns die EU im Jahr kosten 17 Milliarden kosteten bislang die Auslandseinsätze der Bundeswehr 238 Milliarden die Rettung der Flagschiffe des Kapitalismus - der Banken , 1000 Milliarden die zukünftigen Pensionen deutscher Staatsdiener (oder auch 3000 Milliarden, folgt man der Zeitung „Welt" 1300 Milliarden flossen in den "Aufbau Ost" (siehe Spiegel) - ohne sonderlichen Erfolg - und 165 Milliarden im Jahr pumpen wir hemmunglos in die angeblich so erfolgreiche Wirtschaft (siehe Spiegel), die ohne dieses Geld einfach zusammenbrechen würde. Man sieht: selbst wenn man Hartz IV verdoppeln würde (Geld, dass fast ausschließlich in den Binnenkonsum und die Ausbildung von 2,6 Millionen Kindern fließen würde, (die wir ja angeblich als „Fachkräfte" so dringend brauchen) wäre noch genug Geld da, um einen Mindestlohn zu zahlen, der dafür sorgt, dass sich - wie dereinst versprochen - "Arbeit wieder lohnt" ? und nicht durch Staatsgewalt erpresst wird.
Hartz IV ist billig - und als Endlagerung gedacht!
Langzeitarbeitslosen in Deutschland geht jedes Jahr insgesamt ein dreistelliger Millionenbetrag durch Sanktionen der Jobcenter verloren. Seit 2007 haben die Hartz-IV-Bezieher dadurch bereits 1,7 Milliarden Euro eingebüßt Was für ein Hohn angesichts dieser Tatsache,von Strukturproblemen zu sprechen wenn man diesen Menschen auch noch das Geld aus der Tasche zieht das ihnen zusteht.
Nur so können noch die überdurchschnittlichen Lohnerhöhungen von Behörden wie z.B. der Arbeitsagentur von 5 bis 6 Prozent mehr alle 2 bis 3 Jahre und ihre 2 bis 3 fachen Altersbezüge im Vergleich zur Durchschnittsrente bezahlt werden, quasi eine Umverteilung durch Enteignung.
Durch die existenzielle Erpressbarkeit der Hartz 4 Bezieher kann aus humanitärer Sicht nicht von einer Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern von einer Gefügigkeit durch finanzielle Erpressung gesprochen werden. Wenn Sie bedenken, wie wenig Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und wie gering sich vor allem die Marktchancen für ältere Menschen sind fällt Ihnen auf, wie unwirklich das System Hartz 4 agiert (Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle führt) und wie Menschen durch die Agenda 2010 bewusst und zielstrebig in die Armut getrieben wurden.

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nora schmitz-gharbi
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Zum Thema selbst ist „alles“ gesagt, wunderbar bestätigt, ergänzt und erweitert von tollen Kommentatoren. Es bleibt dieser besondere Artikel, der einmal mehr deine Qualitäten unterstreicht, lieber Uli: In einer virtuosen Ton-Mischung à la...

Zum Thema selbst ist „alles“ gesagt, wunderbar bestätigt, ergänzt und erweitert von tollen Kommentatoren. Es bleibt dieser besondere Artikel, der einmal mehr deine Qualitäten unterstreicht, lieber Uli: In einer virtuosen Ton-Mischung à la „Sendung mit der Maus“, „Lisas (!) Welt“ und listig-kluger Analyse reduzierst du diese unsägliche Bertelsmann-Studie auf das, was sie ist: Eine grandiose Verarschung. Dieses Spiel mit dem Naiven gebiert erst das Radikale. Note 1 mit *.

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Reyes Carrillo
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