So hatte er sich das nicht gedacht, der Peter Struck, vormals SPD-Verteidigungsminister, als er den denkwürdigen Satz von der deutschen Freiheit prägte, die am Hindukusch verteidigt werden solle. Rund zwei Jahre, nachdem die Bundeswehr die afghanische Provinzhauptstadt Kundus verlassen hat, fällt sie nach kurzem Gefecht an die Taliban. Was wird jetzt nur aus der deutschen Freiheit? Und aus der viel beschworenen deutschen Verantwortung für Gegenden, in denen die Deutschen nichts aber auch gar nicht zu suchen haben? Bis zu 100.000 Afghanen im Monat verlassen derzeit ihr Land, die Reisepässe werden bereits knapp. Die deutschen Sicherheitsbehörden rechnen mit einem raschen Anstieg der Zahl von Asylbewerbern. Doch tapfer meldet sich der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold, kaum geschützt durch seinen Schreibtisch: "Angesichts der Situation in Afghanistan wäre es falsch, die Afghanen völlig alleine zu lassen."

Diesen kühnen Hilfeschrei hat die USA-Luftwaffe umgehend erhört: Schon bombt sie Kundus, um die Stadt von den Taliban zurückzuerobern. Das bewährte Rezept Obamas, der den Afghanistan-Krieg immer als den seinen bezeichnet hat, wird sicher auch diesmal greifen: Mehr Bomben, mehr Tote, mehr Taliban. Wenn das so weiter geht wird die 850-Mann-Reserve in Masar-e Scharif, die von dem großen Bundeswehrkontingent im Land am Hindukusch geblieben ist, noch die Chance zur Revanche bekommen. Immerhin ist der deutschen Armee in dieser Gegend mal ein Tanklastzug abhanden gekommen, der ist noch nicht abbezahlt. Sogar gezählte 54 deutsche Soldaten sind während der Besetzung Afghanistans seit 2002 ums Leben gekommen. Die ermordeten Ziegenhirten haben das Zählen offenkundig nicht gelohnt, genaue Zahlen über tote Afghanen im deutschen Kolonialbereich sind nicht zu erfahren. Ausser den etwa 140 Tanklast-Räubern, die zielgenau von US-Fliegern auf Geheiß der Bundeswehrführung zerbombt wurden.

Die deutsche Freiheit, jetzt wieder gefährdet, bis zum Abzug der Bundeswehr total zu sichern, war nicht billig: In einer vertraulichen Aufstellung des Verteidigungsministeriums werden rund 8,8 Milliarden Euro Kriegskosten zugegeben. Allerdings schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bei einem „realistischen Szenario“, von einigen weiteren Jahren Bundeswehreinsatz, die Kosten der deutschen Beteiligung auf 26 - 47 Milliarden Euro. Da sind die aktuellen "Abzugskosten" von 66 Millionen Euro noch nicht eingerechnet. Ohnehin ist die Rechnung nicht ganz so einfach. Immerhin sind in der Struck-Zeit jede Menge brisanter Daten zu den "Auslandseinsätzen" aus der Zeit der SPD-GRÜNE-Regierung gelöscht worden. Wahrscheinlich sind auch die Verhandlungsprotokolle über ein geheimes Treffen zwischen dem Bundesnachrichtendienst und zwei Vertretern der Taliban im Juli 2005 in Zürich verschwunden. Aber vielleicht hat die NSA noch Daten. Denn nach US-Angaben soll 10 Monate lang zwischen den Taliban und US-Vertretern verhandelt worden sein; man habe sich in Deutschland und Katar etwa ein halbes Dutzend mal getroffen. Da könnte man jetzt vielleicht anknüpfen. Aber nur konspirativ: Denn in dem Medien gelten die Taliban immer noch als Feind.

Allerdings werden die Verhandlungen kaum mit der Stahlhelm-Fraktion der CDU möglich sein. Die wird durch Frau von der Leyen vertreten, die ausgerechnet jetzt, ungefragt, vor einem zu frühen Truppenabzug aus Afghanistan gewarnt hat. Ihr zur Seite steht unbeirrt die Schützengraben-Gruppe der SPD, die, von Niels Annen geführt, im Deutschlandfunk markig anmerkt: Über den Vorschlag, die Bundeswehr bis Ende 2016 im Norden Afghanistans stationiert zu lassen, müsse "sehr ernsthaft" diskutiert werden. Wann wird sich der schneidige Frontkämpfer Joschka Fischer wohl melden, der die GRÜNEN geschlossen in die übergroße Koalition der deutschen Freiheitskämpfer in Afghanistan geführt hat? - Viele der jungen Männer, die jetzt aus Afghanistan in Deutschland eintreffen, waren noch Kinder, als die Bundeswehr begann ihr Land zu missionieren und, neben der Verteidigung der deutschen Freiheit, auch angeblich eine bessere Zukunft für das ferne Land im Auge hatte. Doch seit der Erhebung der relevanten Zahlen durch die UN-Unterstützungsmission hat es in Afghanistan nicht so viele zivile Opfer gegeben wie 2014: Über 6.800 Menschen wurden demnach im vergangenen Jahr verletzt, fast 3.700 getötet. Das mobilisiert Flüchtlinge. Und sicher werden Verantwortungs-Apostel wie Joachim Gauck die Toten als Preis der Freiheit betrachten.

Welche Freiheit mochten die Strucks und deren Nachfolger im Auge gehabt haben, als sie junge Deutsche in ein fremdes Land marschieren ließen, um junge Afghanen umzubringen? Schon damals war zu erkennen, dass es sich nur um die Freiheit des abgerichteten Hundes handelte, der auf den Pfiff seines Herren in Washington versuchte jene Taliban zu apportieren, die das Herrchen mit viel Dollars aufgezogen hatte, um sie für seine Geo-Strategie einzusetzen. Eine Strategie, die in Afghanistan scheitert, auch im Irak, auch in Libyen, und die in Syrien jeden Tag neue Blutopfer kostet.

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Deutschland, Europa: die Nationalstaaten scheitern, kapitulieren in der Globalisierung, sie werden überflüssig, sie sind hilflos.
Lenin: Imperialismus als höchstentwickeltes Stadium des Kapitalismus.
Was haben sie auf den Putz gehauen mit...

Deutschland, Europa: die Nationalstaaten scheitern, kapitulieren in der Globalisierung, sie werden überflüssig, sie sind hilflos.
Lenin: Imperialismus als höchstentwickeltes Stadium des Kapitalismus.
Was haben sie auf den Putz gehauen mit Sauerlandgruppe, Terrorgefahr und anderem Blabla.
Jetzt kommt Diktatur oder Chaos; Diktatur kann ich mir bei all dieser Hilflosigkeit und Dummheit überhaupt nicht mehr vorstellen, Strassenkämpfe schon eher.
Was für ein Disaster und Schwarz wird nun die Wahlen gewinnen.
Und Pegida hat es schon lange geahnt, dass das nischt wird bei der Führung in Deutschland.
Bin für einen kostenlosen VW für alle, die innerhalb 2 Tagen Deutschland verlassen und ihre Fingerabdrücke nehmen lassen, fände sicherlich Anklang.
Aber auf Kosten von VW.

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Gisela Pietrzak
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Der Wahnsinn nimmt seinen Lauf: Die Bundeswehr schickt bereits "Erkundungsteams" nach Kundus. Was wollen sie erkunden? Ob sie die alte Truppenstärke herstellen sollten?

Vera Kamphausen
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Gut, dass hier noch einmal an die Anfänge dieser Katastrophe erinnert wird. Die Folgen zeigen sich jetzt in den Flüchtlingsströmen.

Das Schlimmste ist aber, das die SPD, die Grünen und Frau von der Leyen immer noch nichts gelernt haben! Also...

Gut, dass hier noch einmal an die Anfänge dieser Katastrophe erinnert wird. Die Folgen zeigen sich jetzt in den Flüchtlingsströmen.

Das Schlimmste ist aber, das die SPD, die Grünen und Frau von der Leyen immer noch nichts gelernt haben! Also nochmal zum mitschreiben: Es gibt kein einziges Beispiel für einen längerfristig erfolgreichen Interventionskrieg.

Die Bundeswehr hätte mehr als genug damit zu tun, ihre eigentliche Aufgabe, die Sicherung der Landesgrenzen und zwar an den Grenzen, nachzukommen. Sonst gibt es bald ohnehin nichts mehr zu verteidigen, was zu verteidigen lohnen würde.

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Bürger
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Ein grandioser Text!
Hervorgesprossen aus so etwas Furchtbarem, Tragischem, Teuflisch-Korruptem und Lebensverachtendem wie der Geo-Politik der Mammon-Geblendeten.
Dank an Uli Gellermann für die bewußtseinsmäßige Durchdringung des Grauens!
Gestern...

Ein grandioser Text!
Hervorgesprossen aus so etwas Furchtbarem, Tragischem, Teuflisch-Korruptem und Lebensverachtendem wie der Geo-Politik der Mammon-Geblendeten.
Dank an Uli Gellermann für die bewußtseinsmäßige Durchdringung des Grauens!
Gestern habe ich mit Erstaunen aus einem Gesprächskreis auf youtube um Ken Jebsen folgende Zahl und folgende Aussage zur Kenntnis genommen:
Die US-Wirtschaft ist ohne ständige Kriege nicht mehr lebensfähig. Der Anteil des Militärisch-Industriellen Komplexes (Waffenproduktion, Waffenentwicklung, Militär und darauf bezogene Dienstleister machen demnach ÜBER 50% DER US Inlands-"WIRTSCHAFTSLEISTUNG" aus.

ARMEERIKANER, wie der Name schon sagt.

Und die deutschen Kolonialverwaltungs-Pudel, allen voran offenbar aufgekaufte Partei-Funktionäre und der widerliche "Pfarrad-Pfarrer" Gauck (nach oben buckeln, nach unten treten), von der "Hauptstrom-Presse" ganz zu schweigen, machen mit "missionarischem" Eifer mit.

(Link zum Gesprächskreis #Positionen 2 mit Ken Jebsen: https://www.youtube.com/watch?v=yfJ-bNUmVPM)

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Benny Thomas Olieni
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Was wird aus der Deutschen Verantwortung für Gegenden in denen die Deutsche nichts zu suchen haben?
Das sehen Sie falsch Herr Gellermann.
Wir Deutschen haben eine hohe moralische
Verantwortung für die ganze Welt, vor allem und insbesondere aber für...

Was wird aus der Deutschen Verantwortung für Gegenden in denen die Deutsche nichts zu suchen haben?
Das sehen Sie falsch Herr Gellermann.
Wir Deutschen haben eine hohe moralische
Verantwortung für die ganze Welt, vor allem und insbesondere aber für die Teile der Welt in denen dem Wort des Herrn und Meisters aus Washington noch nicht bedingungslos Folge geleistet wird. Und was haben die Deutschen in Afghanistan zu suchen? Antwort: Rohstoffe.
Gestern noch habe ich den syrischen Außenminister Frank Walter Steinmeier im Fernsehen bewundern dürfen wie er die Russen fast ultimativ aufforderte Rechenschaft über ihre Ziele und Absichten in Syrien zu geben.
Seit wann hat Steinmeier eigentlich die syrische Staatsbürgerschaft und was geht ihn das überhaupt an?

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Alexander Kocks
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Sicher wird uns Steinmeier demnächst die Ziele und Absichten der Bomber aus den USA, Israel und Frankreich darlegen, die seit längerem den syrischen Luftraum verletzen.

Uli Gellermann
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Kurz, kompakt, verständlich, detailliert und meisterhaft die Verbrecher vorgeführt. Applaus.

Danke auch an Benny Thomas Olieni für den Hinweis auf den Gesprächskreis - habe ich gestern geschaut - knappe 3 Std., die man jedem nur empfehlen kann.

Di...

Kurz, kompakt, verständlich, detailliert und meisterhaft die Verbrecher vorgeführt. Applaus.

Danke auch an Benny Thomas Olieni für den Hinweis auf den Gesprächskreis - habe ich gestern geschaut - knappe 3 Std., die man jedem nur empfehlen kann.

Die Demo "Stopp Ramstein" letzten Samstag war eine große Bereicherung. Es tut gut unter Gleichgesinnten zu sein, sich für was Gutes einzusetzen und sich auszutauschen.

Ich kann nur an alle appellieren auf die Straßen zu gehen - gegen Krieg >> für Frieden!

..und am 10.10. in Berlin gegen die Freihandelsabkommen.

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S. Hauptkorn
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Zentrale Kategorie in der Behandlung des Themas ist "Freiheit".
Dialektisch über "Freiheit" zu reden geht nicht ohne "Notwendigkeit". Die beiden sind ein dialektisches Kategorienpaar.
Selbst wenn man bei den Anfängen des Nachdenkens über...

Zentrale Kategorie in der Behandlung des Themas ist "Freiheit".
Dialektisch über "Freiheit" zu reden geht nicht ohne "Notwendigkeit". Die beiden sind ein dialektisches Kategorienpaar.
Selbst wenn man bei den Anfängen des Nachdenkens über "Freiheit und Notwendigkeit", also bei Aristoteles bleibt, bezieht der schon Freiheit auf das praktische planvolle Tun von Menschen: "Als unfreiwillig gilt also, was unter Zwang und auf Grund von Unwissenheit geschiet. ..."
Schon da also offenbart sich die Unmöglichkeit, mit
denen, die Kriege anzetteln oder gewollt oder fahrlässig in sie ziehen, sinnvoll zu reden. Es ist einzig der Zwang des schnöden Mammons, der deren Denken und deren Handeln diktiert.
Den Gaucks ud Strucks dieser Welt ist "Einsicht" in Objektivität verwehrt, weil sie durch $-Zeichen geblendet sind. Geblendete kann man nicht mehr sehend machen. Auch wenn sie von "sehr ernsthafter" Diskussion reden - die ist ihnen verwehrt. Sie können so `tun als ob´. 
"Deutsche Freiheit" hat also völlig vernunftwidrig Maßeinheiten wie "Preis", "Tote", "umbringen", "apportieren", "missionieren", "total sichern", "flüchten".
Was stimmt, ist der unbedingte Zusammenhang zwischen "Freiheit" und "Verantwortung". Wollen wir jetzt weiter diskutieren über "Verantwortung", und das "sehr ernsthaft"?

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Manfred Ebel
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Ja wir müssen die "Freiheit" - was immer das sein mag - am Hindukusch verteidigen,denn hier gibt es sie schon lange nicht mehr.
Unser Bundespapagei IM Larve hat ein paar Worte gelernt, die er immer wieder nachkrächzt."Freiheit" ist sein...

Ja wir müssen die "Freiheit" - was immer das sein mag - am Hindukusch verteidigen,denn hier gibt es sie schon lange nicht mehr.
Unser Bundespapagei IM Larve hat ein paar Worte gelernt, die er immer wieder nachkrächzt."Freiheit" ist sein Lieblingswort. Zur Belohnung kriegt er immer mal ein Nüßchen.

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Manfred Caesar:
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Niemand beschreibt den Afghanistan-Komplex so klar und deutliche wie Sie!

Ruth Freiligrath
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ANAMNESE
Dass die keimbehaftete Bonner Republik dem Osten Deutschlands vor fünfundzwanzig Jahren eine stumme Infektion bescherte, die sich über eine abortive Infektion zu einer manifesten Ansteckung entwickelt hat, wird immer deutlicher.
Dem...

ANAMNESE
Dass die keimbehaftete Bonner Republik dem Osten Deutschlands vor fünfundzwanzig Jahren eine stumme Infektion bescherte, die sich über eine abortive Infektion zu einer manifesten Ansteckung entwickelt hat, wird immer deutlicher.
Dem einstigen Verteidigungsminister Struck (SPD) ist zu danken, diese Infektionskette sichtbar gemacht zu haben. Ein altes Deutschlandleiden war rezidivierend aufgebrochen, indem der bellizistisch verseuchte Patient behauptete, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt werden müsse. Bedauerlich, dass von diesen kriegerischen Fieberschüben längst die Druckmedien, der Rundfunk und das Fernsehen erfasst wurden, wodurch wir es mit einer föderalen Dauervirulenz zu tun haben.
Klinisch interessant, dass sich vorwiegend im Osten Deutschlands eine zunehmende Widerstandsfähigkeit gegen diese medialen Verseuchungsschübe zeigen. Hilfreich dabei zeigt sich das Internet. Auf diesem Wege erfahren immer häufiger Leserinnen und Leser mehr über die Wirtsträger in den Chefredaktionen und die Erreger des Übels in den Keimnestern der Hochfinanz jenseits des Atlantiks.
Die Gesunden und die Kranken haben ungleiche Gedanken. Die RATIONALGALERIE sorgt dafür, mit keimfreien Gedanken den medial Infizierten Gesundungshilfe zu spenden. Mit Dank und Gruß an alle Helferinnen und Helfer auf dieser Plattform geistiger Frische.

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Lutz Jahoda
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