Wer an revolutionäre Veränderungen denkt, denkt nie und nimmer an das deutsche Parlament. Rituell und schläfrig handeln die gewählten Abgeordneten ihre Tagesordnungen ab. Man erregt sich selten, man fährt GROKO und nicht Achterbahn, man ist gesittet. Draussen mögen die Außerparlamentarier die Welt verändern wollen, drinnen geht alles seinen Gang. Doch keine Politik-Maschine erhält von den Medien so viel Beachtung wie gerade der Bundestag. Von Tagesschau bis Bild-Zeitung: Alle sprechen, senden drucken über das gewählte Parlament, als ob dort Bedeutendes geschähe.

Tatsächlich ist der Bundestag eine große Bühne, doch das dort ständig gespielte Stück ist, trotz seiner medialen Überpräsenz, nicht sehr populär: Das Publikum guckt lieber Sport, auch gern Casting-Shows oder Bares-für-Rares. Schön, Schauspieler wie Frau Merkel oder Olaf Scholz haben durchaus ihre Begabung im Vortäuschen falscher Tatsachen, können aber über die mangelnden Inhalte der Staatsbühne offenkundig nicht hinwegtäuschen. Philosophen wie Karl Marx, der meinte "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an sie zu verändern“, sind selten geworden. Der Trend geht allgemein zur Interpretation, Veränderungen aber setzen eben jene Inhalte voraus, die im politischen Schaugeschäft so rar geworden sind.

Doch manchmal gibt es kleine Türen im Kalender der Ereignisse, die, wenn man sie nur aufklappt, Überraschungen bescheren können. Eine solche Sensation hält der ARD-Deutschlandtrend dieser Tage bereit: Für eine Vermögensteuer plädieren tatsächlich 72 Prozent der Befragten! Und das in Deutschland, wo nicht wenige ihre Eigentumswohnung schon für ein Vermögen halten und eine Besteuerung bereits als den Einstieg in die Enteignung befürchten.

Noch weniger Beachtung als die vor-revolutionäre Besteuerungs-Umfrage hat ein Papier vom Rande des Parteitags der SPD gefunden. Da wird unter der Überschrift "Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit" kaum verhüllt das „Recht auf Arbeit“ eingefordert. Echt. Die Umfrage zur Vermögenssteuer und die SPD-Forderung sind faktisch eng miteinander verknüpft. Denn auch ein Recht auf Arbeit würde die Eigentumsverhältnisse vom Kopf auf die Füße stellen. Nicht mehr die Inhaber von Produktionen und anderen Betrieben würden dem schäbigen Rest der Republik gnädig die Arbeitsplätzchen zuteilen, die Arbeitenden hätten ein Recht. So wie es in der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" formuliert wurde: "Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit". Wie von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einst verkündet.

Jetzt wäre die Stunde der SPD, die Inszenierung im Parlament zu bessern und das Recht auf Arbeit im Parlament zur Debatte zu stellen. Die Diskussion darüber zu eröffnen, was Arbeit ist: Keine Gnade sondern ein Recht. Eine Diskussion, die andere Parteien zwänge, Farbe zu bekennen, die der Routine im Parlament ein Ende bereiten könnte und die erhöhte Bühne des Bundestages als Raum für eine wirklich spannende Inszenierung nutzen würde. Eine Aufführung, die im Spiegel der Medien jene Spannung herstellen könnte, die echten Sozialdramen gemäß ist. Doch noch ist das Türchen zur sozialdemokratischen Überraschung nur Papier, nicht einmal ein parlamentarischer Versuch, der sicher bei LINKEN und GRÜNEN Beifall finden könnte.

Schon die DDR hatte ein Recht auf Arbeit in ihrer Verfassung verankert. Wenn das den meist unzureichenden Medien auffallen sollte, wird die Debatte um den „Unrechts-Staat“ eine interessante Wendung erfahren.

Bereits der Antrag, auf das Recht zu Arbeiten, wäre ein Schritt zur Veränderung der kleinen deutschen Welt. Dass es, weit über das Parlament hinaus, eine Stimmung für Veränderungen gibt, das weist die Umfrage zur Besteuerung der Vermögen nach. Dass das Parlament mehr kann als Routine, wäre noch nachzuweisen.

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Wenn es doch nur wahr würde! Aber wie soll der Leichnam der Demokratie in Deutschland wieder zum Leben erwachen, wo doch schon jetzt allenthalben die Messer gewetzt werden, um gleich beim ersten verdächtigen Zucken zustechen zu können?

Vielleicht,...

Wenn es doch nur wahr würde! Aber wie soll der Leichnam der Demokratie in Deutschland wieder zum Leben erwachen, wo doch schon jetzt allenthalben die Messer gewetzt werden, um gleich beim ersten verdächtigen Zucken zustechen zu können?

Vielleicht, dass an Weihnachten ...

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Des Illusionierter
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So ein schönes Weihnachtsmärchen!

Nele Kemper
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Eine Gebrauchsanleitung für den Parlamentarismus. Aber die Mehrheit der Parlamantarier versteht sie nicht.

Peer Schmitter
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Zu diesem schönen Artikel fallen mir viele Stichwörter ein. Zwei als Auswahl und in Beziehung zueinander gesetzt.

1. Vermögenssteuer. Warum sagt denn keiner klar und deutlich, dass eine Vermögenssteuer überhaupt nur denen abverlangt wird, die ein...

Zu diesem schönen Artikel fallen mir viele Stichwörter ein. Zwei als Auswahl und in Beziehung zueinander gesetzt.

1. Vermögenssteuer. Warum sagt denn keiner klar und deutlich, dass eine Vermögenssteuer überhaupt nur denen abverlangt wird, die ein Vermögen über 10 Mio Euro besitzen? Grund: so ein Vermögen lässt nicht erarbeiten (man berechne Stunden und Monatslohn über 40 Jahre) - und steht folglich auch keinem zu.

2. Recht auf Arbeit. Wirklich? Ich dachte, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben wäre das Ziel.

Man könnte, speziell bei unserem Automatisierungsgrad, zweiteres mit ersterem finanzieren.

Aber mit SPD, Linken, Grünen? Nein. Auch mit keiner anderen Partei. Und damit wäre der Zweck der Theaterveranstaltung mal wieder klar erkannt. Es geht um den Schutz des großen Eigentums, sonst um nichts.

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Andreas Schell
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Da kommt sie schon, die Revolution
Ihre Nachricht: Dazu passt die sinnige Aussage von Daniela Dahn :

"Wenn es stimmt, dass die Würde des Menschen unantastbar sein soll,
dann muss das Eigentum antastbar sein".

Ute Plass
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Wäre der Bundestag wirklich eine Bühne, könnte so mancher Theaterintendant ob ihrer sozio-ästhetischen Wirkmacht durchaus eifersüchtig werden. Denn tatsächlich werden im Parlament jene von wem auch immer vorgelegten Gesetze ratifiziert, welche...

Wäre der Bundestag wirklich eine Bühne, könnte so mancher Theaterintendant ob ihrer sozio-ästhetischen Wirkmacht durchaus eifersüchtig werden. Denn tatsächlich werden im Parlament jene von wem auch immer vorgelegten Gesetze ratifiziert, welche dann die Umsetzung beispielsweise von Auslandseinsätzen der Budeswehr, von Hartz-IV-Regularien oder auch der Kohle- und Dieselsubventionen ermöglichen. Die oft tödlichen Folgen könnte man durchaus dramatisch nennen, wollte man die Theater-Metapher zynisch auf die Spitze treiben.

Die Türen zu diesem Parlament stehen aber prinzipiell alle vier Jahre weit offen. Da bräuchte es das SPD-Türchen gar nicht um irgendwelche revolutionären Veränderungen herbeizuführen. Wenn es denn nur eine breite soziale Bewegung mit genügend politischer Integrität und Medienkompetenz gäbe um diese Tür zu nutzen. Die SPD ist nicht diese Bewegung und wird es nie mehr sein. Auch wenn sie es dauernd verspricht.

Was das Recht auf Arbeit angeht: Ich halte es da mit den Situationisten: Ne travaillez jamais!

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Marc Britz
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Ich halte es mit Friedrich Engels:

"Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums, sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies - neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich mehr als dies....

Ich halte es mit Friedrich Engels:

"Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums, sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies - neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich mehr als dies. Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, daß wir in gewissem Sinn sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen.“
(Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen)

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Uli Gellermann
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Der Redner Dr. Marcus Krall verrät nur zwei der drei adversen Selektionen. Die dritte besteht in der Merkwürdigkeit, dass Abgeordnete die einfach nur schweigend unfähig dort herumsitzen nie gefeuert werden können, jedoch die Kreativen, die Ideen...

Der Redner Dr. Marcus Krall verrät nur zwei der drei adversen Selektionen. Die dritte besteht in der Merkwürdigkeit, dass Abgeordnete die einfach nur schweigend unfähig dort herumsitzen nie gefeuert werden können, jedoch die Kreativen, die Ideen und Gedanken und Meinungen vortragen. Die können, jedoch beim ersten sichtbaren Fehler abgeurteilt, dafür in Verruf gebracht und letztlich gefeuert oder abgewählt werden. Und den Bundestag trifft wohl wegen der nun korrekt erläutert gleich dreifach adversen Selektion das Albert Einstein-Wort: „Die Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind, und ihre Stimmen genau wie unsere zählen."

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Klaus-Peter Kostag
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In "Die Farbe Rot" von Gerd Koenen lese ich: "Die Idee der absoluten Freiheit, proklamiert von der Französischen Revolution, habe sich am Ende nur in der schrankenlosen Freiheit von Besitz, Eigentum, Geld materialisiert, im 'Kampf aller gegen...

In "Die Farbe Rot" von Gerd Koenen lese ich: "Die Idee der absoluten Freiheit, proklamiert von der Französischen Revolution, habe sich am Ende nur in der schrankenlosen Freiheit von Besitz, Eigentum, Geld materialisiert, im 'Kampf aller gegen alle', im 'System der freien Konkurrenz' und im 'Sieg der Dingheit über die subjektive, bearbeitende Persönlichkeit'". Der Autor bezieht sich auf den Brief des 19-jährigen Ferdinand Lassalle an seinen Vater aus dem Jahr 1844. Was Lassalle mit "Dingheit" meinte, heißt heute "Humankapital". Oder "Menschenmaterial" Oder "Billardkugeln". Und wenn diese/s nicht mehr tauglich ist/sind, wird von "Schrott" und "Nieten" gesprochen.
Der zum Ding degradierte Mensch lässt sein Bauchhirn sprechen und steht als Pegida auf der Straße oder sitzt als AfD in den Parlamenten. Diejenigen, die vorher in den Parlamenten saßen, haben sich über die Jahre als Hand- und Kopflanger unserer Obertanen betätigt und sind ganz ratlos, wie sie mit den Früchten ihres eigenen Tuns und Unterlassens umgehen sollen.

Es ist die Zivilgesellschaft, die ihnen seit 2015 durch ihren Umgang mit den Geflüchteten zeigt, wie Kopf, Herz und Hand in ihrem Zusammenwirken das zum Leben bringen , was zu einem guten Leben für alle gehört.
Die 1/3-Menschen und die 2/3-Menschen haben gegen die 3/3-Menschen auf Dauer keine Chance. Herrschaft vergeht, die Völker überleben. Aus einst stolzen Römern wurden stolze Italiener, Spanier, Franzosen, Portugiesen, Rumänen, Räthoromanen. Und wir Ger-Mannen, das Land der Dichter und Denker und das Land der Richter und Henker, haben erleben dürfen, wie unsere Landsleute in der DDR dem Großen Bruder Stasi ein Ende bereitet haben, das der GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) noch bevorsteht. Dass Frau Kipping und Frau Wagenknecht an einem Papier zur Bändigung der Internetkonzerne gemeinsam gearbeitet haben und dass Frau Esken mit ihren einschlägigen Vorkenntnissen als ein "Geschenk" bezeichnet wird, lässt hoffen, dass der bleiernen Zeit der Groko das Ende naht.

Bis dahin haben wir Zeit, uns Gedanken über das 1% (also die 1/100-Menschen) zu machen. Bei einer Veranstaltung unseres SPD-Ortsvereins haben wir ein Wort von Margarethe Mitscherlich eingeführt: "Jeder, der etwas besitzt, hat Angst vor denen, die weniger oder nichts besitzen" und daraus gefolgert: Also hat derjenige am meisten Angst, der am meisten besitzt. Und er bestätigt die Wahrheit dieses Satzes, dadurch, dass er sich in seinen Türmen, seinen Yachten und seinen abgezäunten Residenzen einsperrt. Aristoteles Sokrates Onassis (1906-1975): "Ein reicher Mann ist ein armer Mann mit viel Geld."

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Heinrich Triebstein
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ZUR AUSSICHTSLOSIGKEIT
DER GEGENWARTSLAGE

Der brutalen Ausbeutung von Mensch und Welt,
Eindeutig endgültig Grenzen zu setzen,
Wird nur funktioniern, wenn Konzernen und Geld
Verboten wird, sich privat zu vernetzen.

Nun ist dieser Zug bekanntlich vor...

ZUR AUSSICHTSLOSIGKEIT
DER GEGENWARTSLAGE

Der brutalen Ausbeutung von Mensch und Welt,
Eindeutig endgültig Grenzen zu setzen,
Wird nur funktioniern, wenn Konzernen und Geld
Verboten wird, sich privat zu vernetzen.

Nun ist dieser Zug bekanntlich vor Jahren
Im Kopfbahnhof West vor die Wand gefahren.
So werden sich Superreich weiter gut betten.
Die Welt hingegen, ist nicht mehr zu retten.

Weiterlesen
Lutz Jahoda
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Wir möchten zwei Aspekte zu dem Thema nennen:

1. Mit diesem Parlament, das ja nichts weiter ist als die Abnickenrichtung der Marionetten - Regierung darstellt, ist nicht die geringste Veränderung im herrschen System möglich!

2. Wenn wir vom Kopf...

Wir möchten zwei Aspekte zu dem Thema nennen:

1. Mit diesem Parlament, das ja nichts weiter ist als die Abnickenrichtung der Marionetten - Regierung darstellt, ist nicht die geringste Veränderung im herrschen System möglich!

2. Wenn wir vom Kopf auf die Füße stellen wollen, dann bedeutet das klar zu stellen, das die sogenannten Arbeitgeber auf Kosten der Millionen fleißigen Menschen in der Wirtschaft als Schmarotzer leben. Das bedeutet weiter, dass die die Werte schaffen, in der Gesellschaft bestimmen müssen!

Daraus folgt, dass sie auch die Verteilung der Arbeit bestimmen!
Dazu ist nötig, unter neuen Wahlbedingungen eine Volksvertretung zu wählen, die dementsprechende Gesetze erlässt! und mit einer von der Volksvertretung bestimmten Regierung durchsetzt.

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Helga und Hermann Pulz
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