Der neue ICE, ein Wunder deutscher Technik, bleibt gerne stehen. Schon länger hebt der Hauptstadt-Flughafen nicht ab. Über Diesel macht man nicht mal gute Witze. Der deutsche Politik-Laden stagniert so vor sich hin. Als die Sowjetunionen in ihre Schlusskurve einbog, gab es einen Witz über denn stillstehenden Zug sowjetischer Zeit: Parteichef Breshnew, so erzählte man, ließ die Waggons von Hand rütteln und zog die Vorhänge zu, um Fahrt vorzutäuschen. Dafür gibt es in Deutschland heute die Tagesschau, die zu den Sondierungsgesprächen zu sagen wußte: „Das letzte Treffen zu den Sondierungen der Spitzen von CDU, CSU und SPD dauert nun rekordverdächtige 24 Stunden.“

Wenn es sonst nichts zu berichten gibt, dann werden eben Laber-Rekorde gemeldet. Mehr als eine Million Menschen in Deutschland hat keine Wohnung. Immer mehr junge Leute wohnen bei ihren Eltern, weil sie sich keine eigene leisten können. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit kommt in der offiziellen Statistik nicht mehr vor. Die Bundesagentur für Arbeit hat, um die Lücke in ihren Berichten zu vertuschen, die "Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne" erfunden. Die Vorhänge bleiben geschlossen. Nichts rüttelt am Stillstand.

Gern täuschen die GroKo-Verhandler eine dynamische Fahrt vor: Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz redeten von einem "Aufbruch“. Nach „Europa“ solle die Fahrt gehen. Ein Staat der nicht auf der Landkarte steht, aber zu unqualifizierten Träumen verlockt. Dort wolle man zum Motor werden und gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Macron in die Ferne reisen. Wahrscheinlich im Schlafwagen.

Unter all den Sprachgirlanden, die von den Verhandlern um ihre Sitzungen gewunden wurden, gab es eine, die Inhalt versprach: Die von der SPD zeitweilig ultimativ verlangte Bürgerversicherung. Die hätte die Zwei-Klassen-Medizin verändern, und dem neuen Regierungsbündnis zumindest den Anstrich des Sozialen verleihen können. Selbst bei dieser Forderung ist die SPD eingeknickt. Mittig, fertig zum Zusammenklappen. So lässt sie sich besser im Gepäckfach verstauen. Denn da kann sie nach den nächsten Wahlen landen. Als Ballast für die Kurvenstabilität. Immerhin, seufzen manche SPD-Anhänger, wir dürfen wieder den Außenminister stellen. Doch schon auf dem SPD-Landesparteitag in Sachsen-Anhalt hat das die Mehrheit der Delegierten nicht überzeugt. Selbst der Michael Müller aus der zweiten SPD-Reihe, der Berliner Bürgermeister, hält Neuwahlen nicht für ausgeschlossen. Ach Martin, wer will denn noch mit Dir spielen?

Mitten in der Stagnation hatten die Verhandler immerhin Zeit für Kriege. Noch gibt es keine neue Regierung, noch hat das Parlament seinen Arbeits-Rhythmus nicht gefunden, da fanden die GroKisten in der Verhandlungsnacht ein Hinterzimmer, um Vorentscheidungen zu treffen: Bei einer Neuauflage der Großen Koalition wolle man aber unbedingt an den Auslands-Einsätzen der Bundeswehr festhalten. Schon vor Tagen hatte die provisorische Regierung ihr wichtigstes deutsch-französisches Projekt verkündet: Man will die Zahl der deutschen Soldaten in Mali deutlich erhöhen. Es gibt Gegenden, da erlaubt die Rüstungsindustrie einfach keine Stagnation.

„Da warn wir am Arsch - Da war´n wir geborgen“ sang die Sängerin Barbara Thalheim mit ihrem Lied „So lebten wir in den Zeiten der Stagnation“ der untergegangen DDR hinterher. Und tatsächlich macht sich ein DDR-Endzeit-Gefühl breit: Vorherrschend ist die Gleichgültigkeit. Nur die soziale Geborgenheit von damals will sich nicht einstellen. Wie auch, bei sinkenden Temperaturen und einer steigenden Zahl von Obdachlosen.

Wenn es auch an guten Witzen zum Diesel mangelt: Die Koalitionen haben ihren Witz gefunden: „Welche Koalition würden Sie denn bevorzugen? Die große Koalition? Die Ampel-Koalition? Oder die Jamaika-Koalition?" - „Die Sahara-Koalition!" - „Wie bitte? Sahara-Koalition?" - "Sahara-Koalition: Man schickt sie alle in die Wüste!“

Die Startseite wurde von Angelika Kettelhack lektoriert.

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LETZTER AUFRUF AN DIE PARTEI
DER GEBROCHENEN VERSPRECHEN

Visionslose Wischi-Waschi-Partei!,
war kürzlich im Internet zu lesen.
Ein blutleeres, kraftloses Allerlei,
sichtlich nicht fähig, um zu genesen.

Altersarmut nicht verhindert.
Bürgervers...

LETZTER AUFRUF AN DIE PARTEI
DER GEBROCHENEN VERSPRECHEN

Visionslose Wischi-Waschi-Partei!,
war kürzlich im Internet zu lesen.
Ein blutleeres, kraftloses Allerlei,
sichtlich nicht fähig, um zu genesen.

Altersarmut nicht verhindert.
Bürgerversicherung? Weiter ein Traum!
Wohlstandsteilhabe? Leider vermindert!
Auch für die Luftreinheit weiter kein Raum!

Die Führung, die lasche, sei eindeutig schuld.
Die Basis, die junge, mahnt, um zu retten.
Beendet die Hörigkeit und die Geduld!
Es gibt bereits Viele, die darauf wetten,
dass zurück kommen könnte, was wir einst hatten:
Weimars Aus der Regierungstage.
Gestattet sei darum noch bitte die Frage:
Was soll noch helfen? Der No-Groko-Button?

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Lutz Jahoda
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Keine Frage: Stagnation ist das Wort der Woche, wenn nicht sogar des Jahres.

Robert Henrich
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Mitten in der Wüste Stagnation blüht immerhin der Sprachwitz. Danke!

Gert Kleinhans
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Ich empfehle Otto Reutter "Ick wunder mir über janischt mehr" (Auszug):
De Zeiten sind heute recht sonderbar,
det wundern verlernt man janz und jar.
Drum denk' ick een für alle Mal,
wat ooch passiert, is mir ejal.
Und jeht ooch allens kreuz und quer,
Ic...

Ich empfehle Otto Reutter "Ick wunder mir über janischt mehr" (Auszug):
De Zeiten sind heute recht sonderbar,
det wundern verlernt man janz und jar.
Drum denk' ick een für alle Mal,
wat ooch passiert, is mir ejal.
Und jeht ooch allens kreuz und quer,
Ick wunder mir über jar nischt mehr!

Wenn heutzutage 'n Minister jeht,
denn bilden se um det Kabinett.
Kabinettsbildung is 'n schönet Wort -
det Kabinett, det ham 'se sofort,
bloß mit de Bildung fällt's oft sehr schwer,
Ick wunder mir über jar nischt mehr!

https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Reutter

Es gibt noch ein Lied von ihm mit dem Titel "Mir ham se als jeheilt entlassen":

Ick lebe gerne gut, wenn't geht,
bin früher mal Rentier gewesen.
Jetzt hat sich's leider ‚ausrentiert',
doch nächstens komm' ick uff de Spesen.
Ick hab' ja große Sicherung,
ick krieg' mein Geld zurück in Massen,
ick gloobe an de Aufwertung ? ? ?
Mir ham se als geheilt entlassen!

Das droht dann demnächst auch haha.

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Ernst Blutig
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Es geht nicht um die "Sahara-Koalition" sondern um die 'Sahra-Koalition'! Die schickt die abgewirtschafteten Parteien in die Wüste und gründet zusammen mit Oskar eine neue linke Volkspartei! Bravo!

Helene+Ansgar Klein
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Da ist Ihnen mal wieder eine Bestandsaufnahme gelungen, die ich uneingeschränkt weiter empfehlen kann: der Zustand unserer Diktatur - ääh - geschäftsgeführt regierten Bundesrepublik in drei Teilen.

Man hat es also erstens in Berlin nicht eilig,...

Da ist Ihnen mal wieder eine Bestandsaufnahme gelungen, die ich uneingeschränkt weiter empfehlen kann: der Zustand unserer Diktatur - ääh - geschäftsgeführt regierten Bundesrepublik in drei Teilen.

Man hat es also erstens in Berlin nicht eilig, die bröselige Fassadendemokratie neu zu tünchen, denn das Ergebnis wird, das weiß man bereits, nicht schöner sein als der jetzige Zustand. Der Michel hat's halt gerne aufgeräumt, daher die Restbemühungen unserer durch die Bank unterbelichteten Politokraten. Allenfalls über den Außenministerposten, der deswegen an die SPD gehen wird, weil es bei der Union keinen noch fieseren Waffenlobbyisten und Profi-Lügenbaron übelster Prägung als den Amtsinhaber S.G. gibt, rege ich mich dann doch noch ein Wenig auf. Ansonsten geht eben alles seinen Gang: eine Wahl mit signifikanter Verschiebung der Parteienlandschaft führt nach vier Monaten zum Status Quo Ante. Alle sagen mir, wir hätten eine Demokratie, und wer das bezweifelt, der spinnt.

Die Opposition hat sich zweitens, so liest man treffend unter "Gelesen.Gesehen.Gehört" offensichtlich selbst erlöst und geht, ersetzt durch einen neoliberalen Mob, in der Idee auf, es sei gut für die künftigen Steuerzahler, in privatisierten Schul-GEBÄUDEN aufbewahrt zu werden. Dieses, weil öffentliche Dächer akzeptiertermaßen nicht ganz dicht sind. Die Konfrontation mit einem schlecht bezahlten und noch schlechter ausgebildeten LehrKÖRPER, der einen brunzbieselblöden LehrPLAN mit profitmaximiert-beschissenen LehrMITTELN abarbeitet, wird kritiklos hingenommen. Dass mangels Personal der LehrPLAN regelmäßig nicht mal mehr vollständig abgearbeitet wird, stört auch niemanden. Uns ist nicht zu helfen!

Im dritten Kapitel, dem Schmock, erfahren wir wieder anhand des repräsentativen Beispiels Tagesschau, wie uns die öffentlichen Medien (Eigenschaft vgl. öffentliche Gebäude) für 17,50 im Monat informieren, nämlich stets tendentös in Richtung Eskalation und Krieg. Das bringt nun einmal mehr. Ganz sicher ist die überwältigende Mehrheit aller Menschen klar gegen Waffengewalt. Wir kaufen trotzdem Sicherheit vor dem Feind.

Die Logik des Ganzen ist nur Opfern des in Kapitel 2 beschriebenen Bildungssystems zu vermitteln, die daraufhin alle vier Jahre ihre Unterschrift - Verzeihung: Kreuz genügt, sind ja viele Analphabeten dabei - unter das in Kapitel 1 beschriebene System setzen.

Vielen Dank für die wertvolle Analyse - ich glaube noch immer daran, dass das was bringt.

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Andreas Schell
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"Brillant? Schwachsinn? Mehr davon?" fragen Sie rhetorisch in Ihrer Diskussions-Aufforderung auf der Startseite. Ich würde zur Wertung Stichwort 1 und als Handlungsaufforderung unbedingt Nr. 3 befürworten. Sie kommen auch gar nicht umhin -...

"Brillant? Schwachsinn? Mehr davon?" fragen Sie rhetorisch in Ihrer Diskussions-Aufforderung auf der Startseite. Ich würde zur Wertung Stichwort 1 und als Handlungsaufforderung unbedingt Nr. 3 befürworten. Sie kommen auch gar nicht umhin - angesichts der vorherrschenden medialen Aberwitzigkeit müssen Sie 2018 einfach weiter ran.... Die Themen werden absehbar nicht ausgehen. Da bleibt uns nur zu wünschen, dass Ihnen Ihre Lektorin gewogen bleiben möge.

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Rüdiger Becker
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Zum Thema:

www.der-postillon.com/2018/01/fdp-sondierungen.html

Satire oder Wahrheit?

Andreas Buntrock
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Ich finde besonders Interessant, wie sich die Mainstreammedien im Moment gerade bemühen, die SPD-Mitglieder zu einer Zustimmung zur GroKo zu bewegen. Man will bei den MSM wohl "ihre Kanzlerin Merkel" unbedingt im Amt halten, Es handelt sich also...

Ich finde besonders Interessant, wie sich die Mainstreammedien im Moment gerade bemühen, die SPD-Mitglieder zu einer Zustimmung zur GroKo zu bewegen. Man will bei den MSM wohl "ihre Kanzlerin Merkel" unbedingt im Amt halten, Es handelt sich also sehr wohl um Staatstragende Medien! Und das gegen die Mehrheit der deutschen Bürger!
Und demnächst werden eben diese Medien auch eine Zusammenarbeit von CDU/CSU und AfD fordern!

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antares56
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Also die Sahara Koalition ist die einzig richtige.

Manfred Caesar
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